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18.02.12 / »Mehr August als Friedrich!« / Vor 80 Jahren starb mit Friedrich August III. Sachsens letzter und volkstümlichster König

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-12 vom 18. Februar 2012

»Mehr August als Friedrich!«
Vor 80 Jahren starb mit Friedrich August III. Sachsens letzter und volkstümlichster König

„Dass Persönlichkeiten bedeutend, aber wenig populär sind, wissen die Chronisten des öfteren zu vermelden; Sachsens letzter König war populär – aber unbedeutend.“ Da Walter Fellmann, von dem diese Worte stammen, schwerlich zu widersprechen ist, sind es denn auch weniger die Taten als seine Liebenswürdigkeiten und die Beweise seiner Beliebtheit, die der Rede wert sind.

„Mehr August als Friedrich!“ So charakterisierte Kaiser Wilhelm II. seinen Bundesfürsten. In der Tat war Friedrich August III. kein Fried­rich der Große, der mit Strenge und unter Aufbietung aller Kräfte des ihm anvertrauten Staates selbigen zur Großmacht gemacht hätte. Bei „August“ denken wir an den „dummen August“. Und in der Tat gibt es eine sehr kritische in diese Richtung gehende Charakterisierung durch den Reichskanzler von 1900 bis 1909, Bernhard von Bülow. Demnach gab nicht nur Fried­rich Augusts „gar zu ausgesprochen sächsische Mundart, sondern die Unbeholfenheit seines Wesens und die läppische Art seiner Fragen und Bemerkungen einen so komischen Anstrich …, dass es schwer war, ihm gegenüber den Ernst zu bewahren, der sich für den Reichskanzler im Verkehr mit den Bundesfürsten geziemt“. Nun ist allerdings Bülow auch ein sehr strenger Kritiker des Sachsenkönigs, und bei August denken wir natürlich auch an die Sachsenkönige gleichen Namens. Die haben zwar nicht wie Friedrich der Große ihr Land zur Großmacht gemacht, aber dumm waren sie deshalb noch lange nicht.

Kurioserweise war Friedrich August jedoch in einer Beziehung noch preußischer als der prominenteste der Preußenkönige. Im Gegensatz zu Friedrich dem Großen verspürte der Sachse von Anfang an eine Vorliebe fürs Militär.

Abgesehen hiervon sind seine übrigen Leidenschaften eher bürgerlich, geradezu bescheiden. Er liebte die Natur mit ihren Wäldern und Bergen, vertrieb sich gerne die Zeit mit Skat und Kegeln. Auch sein Kunstgeschmack war einfach und bodenständig. Er „galt nicht gerade für kunstsachverständig. Seine Vorliebe beschränkte sich auf Bilder, wo im morgendlichen Walde Hirsche röhrten. Wenn man dann noch den Hauch des Hirsches als kleinen Nebel sah und das Tier recht viele Enden an seinem Geweih hatte, so war das für den König Kunst“, weiß mit Ludwig Rehm der Sohn einer seiner Erzieher zu berichten. Wie der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. und dessen über Preußen hinaus so beliebte Luise war auch der Sachse ein Familienmensch mit einem starken Hang zu einem bürgerlich-bescheidenen Lebensstil. Anders als Friedrich Wilhelm war es ihm allerdings nicht vergönnt, eine Lebenspartnerin zu finden, welche diesen Lebensstil mit ihm teilte. Seine Luise, Erzherzogin von Österreich und Tochter des letzten Großherzogs von Tos­kana, die er 1891 in Wien geheiratet hatte, machte sich 1902 auf und davon. Dieses harte Schicksal brachte dem verlassenen und 1903 geschiedenen Alleinerziehenden von sechs Kindern zusätzliche Sympathiepunkte.

1904 starb Friedrich Augusts unbeliebter Vater, König Georg von Sachsen. Die Unbeliebtheit seines Vorgängers erleichterte es dem am 25. Mai 1865 in Dresden geborenen Wettiner, sich mit seiner Regentschaft positiv abzuheben. Seine staatsmännischen Leistungen halten sich in Grenzen. Die wohl be­deu­tend­ste war die Reform des re­ak­tio­när­sten/un­de­mo­kra­tisch­sten Wahlrechts des ganzen Deutschen Reiches. Des Weiteren ist lobend hervorzuheben, dass der Sachsenkönig seine Bescheidenheit auf seinen Staat übertrug. Er sanierte die aus den Fugen geratenen Staatsfinanzen durch Sparen, auch dieses neben der Affinität zum Militär eine durchaus preußische Eigenschaft. Trotz seiner Militär-Affinität verzichtete der König allerdings nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges auf die Übernahme eines Kommandos. Das hätte nicht seiner Vorstellung von der Aufgabe eines regierenden Landesfürsten entsprochen.

Wenn man es denn will, kann man Friedrich Augusts Zurück­haltung in der Regierungsausübung durchaus als fortschrittlich, nämlich als freiwillige Beschränkung auf die Tätigkeit eines nur repräsentativen Monarchen, interpretieren. Jedenfalls haben die Sachsen ihrem Friedrich August diese Zurückhaltung nicht übel genommen. Der Novemberrevolution setzte er keinen Widerstand entgegen. Die ihm loyalen Truppen verpflichtete er zur Gewaltlosigkeit, so dass in Sachsen der Übergang unblutig, geradezu fließend vonstattenging. Angeblich mit den Worten „Macht Euch Euren Dregg alleene!“ überließ er den Revolutionären das Feld und zog sich auf sein schlesisches Schloss Sibyllenort zurück. Und seinen ihm auch nach der Revolution zujubelnden Sachsen soll er zugerufen haben: „Na, ihr seid mir scheene Rebubliganer.“ Selbst wenn diese Worte nicht authentisch sein sollten, so spricht es doch alleine schon für Friedrich August, dass man sie ihm zutraut.

Einen letzten großen Beweis seiner Beliebtheit bot seine Bestattung in Dresden am 23. Februar 1932, fünf Tage nachdem er in Sibyllenort einem Gehirnschlag erlegen war. Über eine halbe Millionen Menschen, weitaus mehr als Sachsens Hauptstadt damals Einwohner hatte, beteiligten sich am Trauerzug zur Familiengruft der Katholischen Hofkirche, wo der König seine letzte Ruhestätte fand.

Wenn es im Deutschen Reich zur Novemberrevolution kam, geschah dieses bestimmt nicht, weil das Volk Friedrich August III. überdrüssig geworden wäre. Man muss ja nicht gleich so weit gehen wie der Archivar und Historiker Hellmut Kretzschmar, der sogar meinte: „Friedrich August wäre berufen gewesen, den Übergang zu einer modernen verbürgerlichten Form der Monarchie vorzubereiten.“ Manuel Ruoff


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