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25.02.12 / Kein Sinn für Humor / Ägypten: Wegen Religionsbeleidigung verurteiltem Komiker droht Haft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Kein Sinn für Humor
Ägypten: Wegen Religionsbeleidigung verurteiltem Komiker droht Haft

Ägypten ist das führende Filmland der arabischen Welt. Über ägyptische Komiker mit ihrem so typischen ägyptischen Akzent lachte einst die gesamte arabische Welt. Vielen dürfte jetzt das Lachen vergehen, nachdem bekannt geworden ist, dass der bekannteste ägyptische Komödiant, der Komiker Adel Imam, wegen Blasphemie in Abwesenheit von einem ägyptischen Gericht zu drei Monaten Zwangsarbeit verurteilt wurde. Der Komödiant zeigte sich nach Erhalt des Urteils schockiert, eine Urteilsschrift sei ihm oder seinem Anwalt nie zugestellt worden. Man wollte Öffentlichkeit vermeiden, denn die Öffentlichkeit hätte auf der Seite des beliebten Komikers gestanden. Die meisten Ägypter sind zwar konservative Muslime, aber mit Sinn für Humor.

Das Urteil gegen Adel Imam fiel eine Woche nach der Installation des neuen ägyptischen Parlaments, in dem die Islamisten über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. Gegen die Islamisten und Bartträger, die keinen Humor verstehen und deshalb glauben, dass auch Allah keinen Humor hat, richtet sich jedoch der hintersinnige Humor von Adel Imam. Der 71-Jährige spielte in mehr als 100 Filmen und zehn Theaterstücken mit. Seinen Angaben zufolge befanden sich unter den beanstandeten Werken sein Film „Al-Irhabi“ („Der Terrorist“) von 1994, in dem er einen islamischen Fundamentalisten spielt, sowie das Theaterstück „Al-Zaeem“ („Der Führer“), eine Komödie, in der er sich in der Art Charlie Chaplins über die politischen Führer der Region lustig macht.

Urteile gegen Künstler und Intellektuelle wegen Religionsbeleidigung sind in Ägypten seit dem Sturz Mubaraks nicht selten. Imam ist aber weit mehr als ein „Komiker“, er ist eine Institution. Sollte er wirklich ins Gefängnis kommen, werden vielen Ägyptern, die zwar bei den Imam-Filmen über die Islamisten gelacht, aber sie gewählt haben, die Augen aufgehen.

Das neu gewählte ägyptische Parlament war kurz nach seiner Konstituierung auch Schauplatz eines bizarren Wettstreites unter Islamisten. Höhepunkt war der Ruf zum Gebet des salafistischen Abgeordneten Mamdouh Ismail mitten in einer Parlamentssitzung. Dieser wurde daraufhin von Parlamentspräsident Saad Al-Katatny, Mitglied der Muslimbruderschaft, zur Ordnung gerufen mit der Bemerkung, dass es Moscheen gäbe zur Verrichtung der Gebete. Ismail, der gerne seine Frömmigkeit nicht nur durch seinen Bart zur Schau stellt, gab sich jedoch nicht geschlagen. Mitten in der Debatte über die Straßenschlachten rund um das Innenministerium setzte er seinen persönlichen Gebetsruf im Saal fort. Parlamentspräsident Al-Katatny unterbrach nach dem unverhofften Gebetsruf die Sitzung und entgegnete dem Vorbeter: „Sie sind nicht mehr Muslim als wir.“ Die beiden stärksten Fraktionen im neu gewählten ägyptischen Parlament, die Muslimbrüder (47 Prozent der Sitze) und die Salafisten (24 Prozent), kämpfen um dieselbe Wählerschaft bei den im Sommer anstehenden Präsidentschaftswahlen. Bodo Bost


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