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25.02.12 / Nachschlag für den Gulli / EU-Förderpolitik: Weg aus der Krise oder Fass ohne Boden? – Griechenland trotz Milliarden in der Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Nachschlag für den Gulli
EU-Förderpolitik: Weg aus der Krise oder Fass ohne Boden? – Griechenland trotz Milliarden in der Krise

Mehr Geld aus Brüsseler Struktur- und Regionalfonds als Alternative zum „Kaputtsparen“ – diese Forderung wird immer lauter erhoben. Allerdings sind die bisherigen Resultate der EU-Förderpolitik mehr als ernüchternd. Einen wirklichen Erfolg durch Fördermilliarden gab es bisher nur in einem einzigen Fall: in Irland während der 1990er Jahre.

Gleich eine „Explosion von Entwicklung und Wachstum“ soll ein „riesiges“ Investitionsprogramm zustande bringen, zumindest wenn es nach der Vorstellung des griechischen Wirtschaftsministers Michalis Chrysochoidis geht. Zurückhaltender formuliert, aber in die gleiche Richtung geht die Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Wachstumsfonds, der ungenutzte Gelder aus EU-Strukturfonds nutzen soll. Die lautstarken Klagen aus Athen und die Forderung nach mehr Investitionen durch Politiker verschiedener Couleur verstellen den Blick darauf, dass bereits beachtliche Geldsummen fließen. Auf Griechenland, das mit nur 10,8 Millionen nur wenig mehr Einwohner als Baden-Württemberg hat, ergießt sich derzeit ein Geldstrom von 11,5 Milliarden Euro aus Brüsseler Töpfen. Wie die Tageszeitung „Ekathimerini“ berichtet, sind bereits 181 Förderprojekte in Angriff genommen. Bei Projekten im Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro gibt es allerdings ernsthafte Probleme. Trotz der überdurchschnittlich hohen Zahl griechischer Beamter gibt es anscheinend einen Mangel an qualifiziertem Personal, um Projektplanungen voranzubringen. Ein Großteil der 11,5 Milliarden Euro Fördergelder fließt in Infrastrukturprojekte, 4,3 Milliarden Euro werden für Sozialprojekte verwendet, um die Folgen der Arbeitslosigkeit abzufedern.

Ob die Fördermittel diesmal erfolgreicher als in der Vergangenheit verwendet werden, kann bezweifelt werden. Nach Angaben der EU-Kommission sind seit 1981 bereits umgerechnet 40 Milliarden Euro aus EU-Regional- und Kohäsionsfonds, zehn Milliarden Euro aus Sozialfonds und weitere 70 Milliarden Euro aus der EU-Agrarförderung an Griechenland gezahlt worden. Dass das Land mit den Geldern wettbewerbsfähiger geworden ist, lässt sich schwerlich behaupten. Ähnlich dürfte es bei den anderen Empfängern jahrzehntelanger EU-Förderpolitik aussehen.

Mit den Ursachen dieses kostspieligen Versagens hat sich unlängst die Stiftung „Open Europe“ beschäftigt. Das Fazit der systematischen Analyse der EU-Förderpolitik fällt ernüchternd aus. Wirklich erfolgreich waren Fördermilliarden bisher nur im Fall von Irland in den 90er Jahren. Als Bedingungen für einen derartigen Erfolg werden eine effektive Verwaltung und wirtschaftsfördernde Begleitmaßnahmen genannt. Der Normalfall scheint hingegen anders auszusehen. Ein Großteil der Gelder landet außerhalb der Regionen, die eigentlich gefördert werden sollen. Selbst im Hinblick auf die europäische Gesamtwirtschaft hat „Open Europe“ keinen Beweis für einen positiven Effekt durch die Struktur- und Regionalförderungen erkennen können. Das in der Untersuchung festgestellte miserable Aufwand-Nutzen-Verhältnis scheint selbst bei der EU-Kommission ansatzweise bekannt zu sein. Eingeräumt werden immerhin „Beachtliche Verwaltungs- und Opportunitätskosten“.

Welche kostspieligen Schäden als unerwünschte Nebenwirkungen der EU-Förderpolitik entstehen, hat die Umweltschutzorganisation „Friends of Earth“ inzwischen anhand von Projekten in Osteuropa aufgezeigt. Allein bei 33 EU-geförderten Vorhaben sind nach Angaben der Organisation Schäden von 16 Milliarden Euro angerichtet worden. Aufgeführt werden Beispiele wie überdimensionierte Flughäfen, Autobahnen und Müllverbrennungsanlagen, die in Naturschutzgebieten errichtet wurden und die wahrscheinlich nur deshalb zustande gekommen sind, weil die entsprechenden Subventionen bereitstanden.

Fehlinvestitionen wie diese ließen sich bei Umsetzung einer Empfehlung von „Open Europe“ zukünftig wahrscheinlich weitgehend vermeiden. Statt der bisherigen europaweiten Förderung nach dem „Gießkannen-Prinzips“ empfehlen die Experten eine Konzentration auf die am stärksten zurückgebliebenen EU-Länder. Der Rest der Länder würde dann wieder selbst in nationaler Verantwortung über regionale Förderungen entscheiden. Schon eine Begrenzung der Förderung auf die Länder, die bei Vergleichswerten nur bis 90 Prozent des EU-Durchschnitts aufweisen, würde zu erheblichen Einsparungen führen: Mindestens 22 der 27 EU-Länder würden dabei durch geringere Überweisungen nach Brüssel finanziell entlastet. Gleichzeitig würde der weitgehende Ausstieg aus dem Kampf um EU-Fördertöpfe es ermöglichen, den wirklichen Problemländern zielgerichteter als bisher zu helfen.

Eine wichtige Rolle könnte dabei eine Institution spielen, die statt durch Subventionen mit Kreditvergabe schon bisher sehr erfolgreich bei der Wirtschaftsförderung war: die Europäische Investitionsbank (EIB). Inzwischen mehren sich allerdings die Anzeichen, dass der Druck auf die EIB zunimmt, neben wirtschaftlich sinnvollen Projekten verstärkt auch politisch gewünschte Vorhaben zu finanzieren. Der seit dem 1. Januar an der Spitze der Förderbank stehende Deutsche Werner Hoyer (FDP) hat bereits angekündigt, derartige politische Einflussnahme abwehren zu wollen, ob dies dauerhaft gelingt, ist allerdings noch offen.  Norman Hanert


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