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25.02.12 / Ein Vordenker des »Staatsbürgers in Uniform« / Der Aufklärer Johann Wilhelm Daniel (von) Archenholz diente in der Armee Friedrichs II. und unterstützte die preußische Heeresreform

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Ein Vordenker des »Staatsbürgers in Uniform«
Der Aufklärer Johann Wilhelm Daniel (von) Archenholz diente in der Armee Friedrichs II. und unterstützte die preußische Heeresreform

Als Historiker zur Geschichte Friedrichs des Großen und der preußischen Armee im Siebenjährigen Krieg ist Johann Wilhelm Daniel (von) Archenholz bekannt und berühmt geworden. Auch seine Leistungen als Journalist wurden in den letzten acht Jahrzehnten immer wieder aufs Neue gewürdigt, erreichte doch seine von aufklärerischem Gedankengut geprägte politische Zeitschrift „Minerva“ zeitweise die damals exorbitante Zahl von nahezu 6000 Abonnenten europaweit. Als geschäftlich erfolgreicher Journalist und Herausgeber konnte es sich Archenholz leisten, eine adelige junge Dame aus guter Dresdener Familie zu ehelichen und später das Gut Öjendorf, damals noch weit vor den Toren Hamburgs gelegen, zu kaufen.

Als „Johann Daniel“ wurde der sich später aus unbekannten Gründen „Johann Wilhelm“ nennende Archenholz am 3. September 1743 in der Danziger Vorstadt Langfuhr geboren und in der Danziger St. Marienkirche getauft. Der Vater war Offizier in der Streitmacht der „Freien Stadt Danzig“ und die Mutter stammte aus einer Danziger Offiziersfamilie. Den Adelstitel legte er selber sich nach seiner Entlassung aus der preußischen Armee im Range eines Hauptmanns eigenmächtig zu, denn er entstammte keineswegs einer alten hannoverschen Adelsfamilie, wie dieses lange angenommen worden ist. Der Militärhistoriker Boris Bovekamp, der vor wenigen Jahren Leben und Schaffen des liberalen Aufklärers, Historikers und Militärs eingehend untersucht hat, schreibt der Familie Archenholz vielmehr eine Herkunft aus dem schwedischen Bürgertum zu.

Wenige Monate vor dem Tod des Vaters wurde der 14-jährige Archenholz im Juni 1757 zu seiner militärischen Ausbildung in das Berliner Kadettenhaus gegeben und nach kurzer Unterrichtung bereits im Januar 1759 als „Gefreiter-Korporal“ (Offiziersanwärter) in das seit Ausbruch des Siebenjährigen Krieges im Feld stehende Infanterieregiment Forcade (Nr. 23) eingereiht. Über jenes bewährte, sich aus der Mark Brandenburg rekrutierende Regiment sprach König Friedrich II. während des Krieges das Wort: „Wenn ich Soldaten sehen will, so muss ich dies Regiment sehen“, wie Archenholz stolz berichtet. Nach dem Winterfeldzug in Sachsen und der Belagerung Dresdens ernannte der preußische König den 17-jährigen Archenholz im November 1760 zum Fähnrich. Der junge Offizier machte sodann die blutigen Schlachten von Liegnitz und Torgau mit, wobei er in letzterer beim Sturm auf die Süptitzer Höhen schwer verwundet wurde.

Nach dem Hubertusburger Frieden von 1763 wurde der nunmehr zum Hauptmann beförderte Offizier ehrenhaft aus der preußischen Armee entlassen. Lange glaubte man, dies sei infolge Dienst­untauglichkeit wegen seiner schweren Verwundung geschehen, doch deutet einiges darauf hin, dass Friedrich der Große den tapferen Offizier wegen dessen Spielsucht entließ. Auch nach seiner Entlassung sollte Archenholz Preußen und dessen Heer bis zu seinem Tode geistig eng verbunden bleiben. Dem preußischen König Friedrich dem Großen, vor allem aber der preußischen Armee setzte er mit seiner aus eigenem Erleben feurig und lebendig niedergeschriebenen, 1791 erstmals erschienenen und seitdem bis heute immer wieder neu aufgelegten „Geschichte des Siebenjährigen Krieges in Deutschland“ ein leuchtendes Denkmal. Bis heute dient sie als wesentliche militärhistorische Quelle.

Archenholz, der nie eine höhere Schule besucht hat, war ein überaus heller Kopf und sprach ein halbes Dutzend europäischer Sprachen. Nach seiner Entlassung aus der preußischen Armee bereiste er „als rastloser Weltmann“ in 18 Jahren fast ganz Europa. Dabei hielt er sich sechs Jahre in England auf, wo er das Parlament und politische Debattierklubs aufsuchte und auch am gesellschaftlichen Leben teilnahm. Von der beginnenden Aufklärung tief geprägt, sog der sich nunmehr „von Archenholz“ nennende preußische Hauptmann a.D. mit vollen Zügen den Geist des Liberalismus ein. Im Jahr 1780 nach Deutschland zurückgekehrt, begann Archenholz hier eine nahezu beispiellos erfolgreiche journalistische Karriere. In schneller Folge gab er militärhistorische Werke sowie historische und politische Schriften heraus und betätigte sich als politisch engagierter, sachlich berichtender und wertender sowie um Objektivität bemühter Journalist.

Als 1789 die Französische Revolution ausbrach, begrüßte er diese sehr lebhaft und siedelte zwecks genauerer Berichterstattung sogar im September 1791 mit seiner Familie aus Dresden nach Paris über. Mit Beginn der Schreckensherrschaft musste er allerdings im Juni 1792 die Seine-Metropole schon wieder fluchtartig verlassen und kehrte nach Deutschland zurück. Nunmehr ließ er sich in Hamburg nieder, weil man hier die Pressezensur etwas großzügiger als in Preußen handhabte.

Obwohl Archenholz Freimaurer und Philanthrop war, war er beileibe kein Utopist, der vom „ewigen Frieden“ und der Abschaffung der stehenden Heere träumte. Archenholz wünschte vielmehr die Kriegsgöttin Bellona nur gezähmt zu sehen. Das überkommene friderizianische Militärwesen Preußens wollte er im konservativen Sinne reformiert und vervollkommnet wissen. Erst nach dem Schock der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt im Oktober 1806 vollzog Archenholz in seiner „Minerva“ eine jähe Kehrtwende. Nun propagierte er, die „neu“ zu schaffende preußische Armee zu einer auf der Wehrpflicht beruhenden Volksarmee umzugestalten. Die Preußens Niederlage gegen Frankreich folgende Debatte über eine Heeresreformen wurde namentlich von der „Minerva“ ausgelöst und durch eine Reihe von wesentlichen Beiträgen aus der Feder von Archenholz gefördert. Archenholz kann man deshalb durchaus als einen der Vordenker des „Staatsbürgers in Uniform“ bezeichnen. Den Erfolg der preußischen Heeresreform in den Befreiungskriegen mitzuerleben war Archenholz nicht mehr vergönnt. Der rastlos schriftstellerisch und journalistisch tätige, leidenschaftliche Preuße verstarb am 28. Februar 1812 in Öjendorf an einer schweren Krankheit. Jürgen W. Schmidt


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