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25.02.12 / Wo der Gerstensaft in Strömen fließt / Rangeleien um die älteste Kneipe der Welt – Schenken schon im Alten Ägypten bekannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Wo der Gerstensaft in Strömen fließt
Rangeleien um die älteste Kneipe der Welt – Schenken schon im Alten Ägypten bekannt

Seit 2010 scheint es festzustehen: Die älteste noch betriebene Kneipe der Welt schenkt ihr Bier im deutschen Landkreis Regensburg aus. So jedenfalls behauptet es das Guinnessbuch der Rekorde von der „Gaststätte Röhrl“ im Flecken Eilsbrunn bei Regensburg. Seit 345 Jahren werden dort ohne Unterbrechung Gäste bewirtet. Doch ihr seit 1658 nachgewiesenes Bestehen bleibt für den Titel weiter umstritten, denn das Prädikat ist so werbewirksam, dass sich weltweit viele Wirte darum reißen.

So beanspruchen auch einige andere deutsche Beizen diesen Ruhm für sich: Das bayerische Lokal „Zum Riesen“ im unterfränkischen Miltenberg führt sich auf das 12. Jahrhundert zurück, im Jahr 1158 soll es zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden sein. Traurige Berühmtheit bekam es zur Zeit der mittelalterlichen Hexenjagd: Die Wirte Lorenz Beck und Benedikt Stumpf samt Frau landeten 1627 und 1629 als Hexer auf dem Scheiterhaufen.

Das Lokal „Zum roten Bären“ im badischen Freiburg soll 1311 eröffnet worden sein und feierte 2011 seinen 700. Geburtstag. 50 Bärenwirte lassen sich urkundlich zurückverfolgen. Aber nicht unweit davon macht ihm die im Schwarzwald beheimatete Herberge „Zum Löwen“ in Seelbach / Ortenaukreis den Ruf streitig. Nach bisherigem Forschungsstand wurde das Haus bereits 1231 erwähnt.

Ein weiterer Aspirant auf den Thron ist die Taverne „Steinherr“ an der Römerstraße in Olching bei Fürstenfeldbruck. Sie moniert eine 600-jährige Existenz und führt sich auf die Lizenz des Klosters Ettal zurück, einen Brückenzoll am Flüsschen Amper erheben zu dürfen. Die Fuhrknechte, die Salz nach München karrten, bekamen alle Male an dieser oft überfluteten Furt mächtig Durst.

Voller Neid müssen da die Berliner nach Süddeutschland blicken. Denn das älteste Lokal der Hauptstadt, „Zur letzten Instanz“ in Berlin-Mitte, schon zu DDR-Zeiten als älteste und urigste Bierkneipe am Platz gepriesen, wird erst 1621 urkundlich erwähnt.

Auf diese Zeit gehen auch einige Häuser in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen am sogenannten „Nyhavn“ zurück, dem ältesten Hafenbecken und Rotlichtviertel der Stadt. Das „Holzhaus“ im Süden Burgunds am Fluss Saone wurde nach 1490 errichtet und beherbergt zumindest heute eine bekannte Kneipe. In Portugals Hauptstadt Lissabon mit ihrer uralten Seefahrertradition am Fluss Teijo existieren ebenfalls einige rekordverdächtige Lokale im ältesten Viertel Alfama, dem Zentrum des wehmütigen Fado. Als ältestes Kaffeehaus gilt das „Martinho da Arcada“ aus dem Jahr 1782.

Die Tschechen glänzen mit der Klosterbrauerei „Strahov“. Immerhin wurde der Sitz der bierbrauenden heiligen Männer bereits 1142 von König Vladislav II. gegründet. Im Zentrum der Hauptstadt Prag in der Nähe des berühmten Wenzelsplatzes hatte sich der Mälzer Vanek Zpevak 1434 niedergelassen. Das heutige Bauwerk an dieser Stelle mit der international bekannten Brauereigaststätte, der „Klosterbrauerei Strahov, Prag 1“, stammt allerdings erst aus dem Jahr 1902, will aber an die Traditionen des 14. Jahrhunderts anknüpfen.

In Paris wird als ältestes Lokal der Stadt das „Le Procope“ aus dem Jahr 1686 geführt. 200 Jahre beherbergte es im Quartier Latin die berühmtesten Künstler und Schriftsteller Frankreichs von Voltaire und Denis Diderot bis Jean-Jacques Rousseau.

Wien wartet mit dem „Griechenbeisl“ aus dem Jahr 1447 auf, das zeitweise auch „Rotes Dachl“ und „Goldener Engel“ hieß. Der damalige Wirt des „Griechenbeisl“, Leopold Schmied, ließ ab 1852 das untergärige „Pilsner Urquell“ über seinen Tresen gehen. Wegen seines Wohlgeschmacks verbreitete sich der Ruf des Importbieres in Windeseile über Grenzen und Länder hinaus.

Der älteste Pub des nordirischen Belfast ist „Kelly’s Cellars“ aus dem Jahr 1720. Die Whisky-Destillerie Old Bushmills, die immer auch mit einem Ausschank verbunden war und als älteste, urkundlich verbriefte Produktionsstätte des goldgelben Geistes gilt, geht auf das 13. Jahrhundert zurück. 1608 erhielt der Platz weltweit die erste Lizenz zum Brennen von Whiskey. In der irischen Hauptstadt Dublin wirbt das „Brazen Head“ damit, der älteste Pub der Grünen Insel zu sein. Er soll seit 800 Jahren bestehen.

In London wiederum kann „The George Inn“ bis ins Jahr 1542 zurückverfolgt werden. Auch das „Ye Olde Chesire Cheese“, dessen Keller aus dem 13. Jahrhundert den großen Brand von 1667 überlebte, erhebt den Anspruch, eines der ältesten Häuser am Platz zu sein. Das „Spaniards Inn“ geht auf das Jahr 1585 zurück. „The Drovers Inn“ in Schottland lockt seit dem Jahr 1705 mit angeblichen Geistererscheinungen die Biertrinker der Insel an.

Und bei der Altersdefinierung beginnt bereits die Krux. Oft wurden alte Gebäude durch Neubauten ersetzt, waren alte Gasthöfe wegen Renovierung oder Besitzerwechsel geschlossen. Der Streit um den Titel ist also zugleich ein Feilschen um Kriterien. Eines davon ist der Betrieb von der urkundlichen Erwähnung ohne Unterbrechung bis heute.

Rein geschichtlich betrachtet fußt das Gaststättengewerbe auf einer fast 5000 Jahre alten Tradition. Denn die verbriefte Geburtsstunde der Wirtshäuser schlug im Zweistromland und im Alten Ägypten.

Bereits 2100 v. Chr. – so das Gilgamesch-Epos – lud die Schankwirtin Siduri zu Speis’ und Trank. Der babylonische König Hammurapi erließ sogar schon 1700 v. Chr. ein drakonisches Gesetz zum Schutz der Zecher gegen betrügerische Gastronomen. Ausgrabungen im persischen Susa förderten Schankräume, ins Erdreich eingelassene Biergefäße und sogar eine Gästetoilette aus dieser Zeit ans Tageslicht. Aus dem Alten Ägypten sind die Kantinen der Pyramidenbauer vor mehr als 4000 Jahren bekannt. Bei Ausgrabungen auf den schottischen Orkneyinseln wurde ein 5000 Jahre alter Pub samt Braustätte gefunden. Die Insel bietet nun Bier nach einem ebenso alten Rezept an. Es soll ihm ein Hauch von Tier-Dung entströmen.

In der Neuen Welt gelten andere Maßstäbe. Da ist das Jahr 1856 schon legendär, als die frühen Siedler in Montevideo ins „Almacén del Hacha“ strömten. Joachim Feyerabend


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