26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.03.12 / Gescheiterte Liebe / Klassiker aus Island schafft Glück im Unglück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-12 vom 03. März 2012

Gescheiterte Liebe
Klassiker aus Island schafft Glück im Unglück

In seltenen Momenten stellt sich pures Glück beim Lesen ein. Bei Indridi G. Thorsteinssons isländischem Nachkriegsklassiker mit dem ungewöhnlichen Titel „Taxi 79 ab Station“ ist dies der Fall. Der im Jahr 2000 verstorbene Autor, Vater des weltberühmten Kriminalschriftstellers Arnaldur Indridason, beschreibt in meisterhaft lakonischer Prosa eine Vielfalt an Themen, für die geschwätzigere Literaten ein paar hundert Seiten mehr benötigen. Es geht um den Gegensatz von Stadt und Land, Fremden und Einheimischen, Frau und Mann, Treue und Untreue und vor allem um Liebe, Begehren und sehr viel Alkohol. Traurig und dennoch zufrieden und beglückt schließt man das Buch nach zwei Stunden Lesezeit.

Woher stammt der ungewöhnliche Titel des 1955 erstmals erschienenen Romans? „Taxi 79 ab Station“ ist der Aufruf für den jungen Taxifahrer Ragnar Sigurdsson, wenn er in der Taxizentral von Reykjavik seine Schicht schiebt. Dort herrscht eine raue, aber herzliche Männergesellschaft. Ragnar führt ein freies, aber doch eintöniges Leben. Er, der Junge vom Land, hat keine enge Bindung mehr an seine Eltern. Die Zeit zwischen zwei Fahrten vertreibt er sich beim Schachspiel.

Doch eines Tages tritt das wahre Leben in sein tristes Dasein. Ragnar verliebt sich in die etwas ältere Gudridur Faxen, eine Art elegante Femme Fatale, der der Naturbursche Ragnar verfällt. Doch Gudridur ist mit einem reichen Geschäftsmann verheiratet, der nach einem Pferdetritt in einer dänischen Nervenheilanstalt lebt: „Ich hab ihn geheiratet, weil er Geld hatte. Ich habe ihn nicht geliebt und war froh, als er verrückt wurde und ich nicht mehr das Bett mit ihm teilen musste.“ Doch als er stirbt, will sich keine Freiheit einstellen. Denn am Wochenende kommt angeblich immer Gudridurs Mutter zu Besuch, so dass die Liebenden sich nur unter der Woche sehen können. Doch der unsterblich Verliebt muss feststellen, dass es noch einen weiteren Mann im Leben der Geliebten gibt, einen Amerikaner.

Thorsteinsson, von den Rezensenten gebetsmühlenartig als isländischer Hemingway gepriesen – dabei verzichtet der Isländer auf jegliche Macho-Prosa –, spart nicht mit unterschwelliger Kritik an den amerikanischen Soldaten, die Ragnar und seine Kollegen als „Schnapsleichen“ oft zum Luftwaffenstützpunkt Keflavik fahren.

Ragnar verkraftet diese Enttäuschung nicht. Er kann nicht damit umgehen, dass seine Liebe von Anfang an auf Lug und Trug aufgebaut war. Der „Held“ rast mit seinem klapprigen Fahrzeug in den Tod, auf dem Weg zu den Eltern auf dem Lande; in seinem Körper eine Menge Alkohol, in seinem Herzen einen Liebeskonflikt, der zu groß ist für den einfachen Jungen aus der Provinz. Gerne hätte man den beiden noch eine zweite Chance gegeben. Doch so sentimental ist der Autor nicht. Ansgar Lange

Indridi G. Thorsteinsson: „Taxi 79 ab Station“, Transit Verlag, Berlin 2011, 117 Seiten 14,80 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren