17.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.03.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-12 vom 03. März 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Für nichts / Wer schon im Rettungsboot sitzt, was wir Minister Friedrich nicht glauben, und was wir den Griechen als nächstes antun

Nur wer die Geschichte kennt, kann für die Zukunft lernen. „Geschichte“ ist auch das, was gerade jetzt passiert. Deshalb sollten wir ganz genau hinhören, wenn die Geschichte zu uns spricht. Bisweilen redet sie allerdings so leise, dass wir nur Fetzen verstehen. Oder sie dröhnt aus so großer Entfernung, das der Wind ihre Worte beinahe wegträgt.

Neulich kam aber doch was durch, von ganz hinten in Russland, direkt aus Sibirien: Finanzinvestoren kaufen dort massenhaft Ackerland. Die Preise haben sich schon verdoppelt.

Was das mit unserer Geschichte zu tun hat? Nun ja, es sind dieselben Finanzinvestoren, die uns seit 20 Jahren die Vorzüge des Euro predigen. Offenbar sind sie zu dem Schluss gekommen, dass das, was gut für uns ist, noch lange nicht gut für sie sein muss. Also setzen sie alle Hebel in Bewegung, um ihr Vermögen in Sachwerten unterzubringen. Sie verhalten sich wie die griechischen Politiker, die ihr Volk anflehen, das Geld nicht von den Konten zu holen, weil das den hellenischen Banken die Luft abschnüren und damit die Lage fürs geliebte Vaterland nur noch schlimmer machen würde. Jetzt wurden Parlamentarier dabei erwischt, wie sie ihre Kröten heimlich ins Ausland zu schaffen versuchten.

Die Ratten, die ganz nah an der Kommandobrücke hausen, kriegen’s halt als erste mit, wenn der Kahn auf einen Eisberg zuläuft. Und tippeln leise zu den Rettungsbooten, während wir hier unten im Zwischendeck noch immer an die Unsinkbarkeit unseres prächtigen Schiffes glauben.

Damit wir hübsch unten bleiben, ist es wichtig, dass sich von der Brücke keiner verplappert, sprich: uns gegenüber den Eisberg erwähnt. Innenminister Hans-Peter Friedrich hat das getan und wurde zur Strafe von der allmächtigen Kanzlerin kielgeholt. Danach gurgelte er ein Zeug, das man nur bei genauem Hinhören versteht: „Wir gehen als Bundesregierung davon aus, dass es gelingen kann, Griechenland im Euro-Raum zu sanieren und wettbewerbsfähig zu machen.“ Aha: Wir „gehen davon aus“, dass es gelingen „kann“.

Das ist Politikerdeutsch und muss erst mal übersetzt werden. „Wir gehen davon aus“ heißt: Wir wissen nicht einmal, ob die Voraussetzungen stimmen, auf die unsere Einschätzung aufbaut. Gelingen „kann“ bedeutet: Zehn zu eins, dass es schiefgeht.

Zwei solche Einschränkungen in einem einzigen Satz zeigen an, dass der Minister von Zweifeln förmlich zerfressen ist, oder? Aber nein, denn dann schob Friedrich nach: „Ich zweifele überhaupt nicht am Rettungskurs der Kanzlerin.“ Und was soll das jetzt wieder? Allein das Wörtchen „überhaupt“ gibt einen Hinweis. Wenn er wirklich nicht zweifelte, hätte es Fried­rich weggelassen. An solchen Überbetonungen kann man gemeinhin ablesen, dass da einer nicht ganz die Wahrheit sagt. „Hast du etwa heute Morgen von der Torte genascht?“ „Aber nein, niemals, nicht doch, ü-b-e-r-h-a-u-p-t nicht!“ Haben wir’s doch geahnt.

In Griechenland stehen bereits die Öfen, in denen sie die neuesten 130 Milliarden verbrennen werden. Eigentlich ist das ganze Land ein Ofen, es lodert und glüht an allen Enden. Aus dem Höllenfeuer schlagen die wildesten Gerüchte. So will das US-Blatt „Examiner“ erfahren haben, dass die griechische Militärführung an einen Staatsstreich denkt. Die britische „Daily Mail“ berichtet davon, dass die Regierung in London Pläne zur Evakuierung ihrer Bürger aus Hellas ausarbeitet.

Putsch? Evakuierung? Hört sich an wie Nachrichten aus Afghanistan oder Somalia. Schon erstaunlich, was 30 Jahre europäische Solidarität aus einem Land machen können, das wir einst als Ferien­idyll kannten, welches von gemütlichen, gastfreundlichen Leuten bewohnt war.

Das heißt: 1967 gab es da doch schon mal einen Militärputsch und dann jahrelang Diktatur. Haben diese Griechen denn gar nichts aus ihrer Geschichte gelernt? Macht nichts, wir ja auch nicht. Im 19. Jahrhundert haben wir deutsche Beamte hinge­schickt, um das hellenische Chaos zu entflechten und diesen Klephten ein bisschen deutsche Ordnung beizubringen. Die dachten ja gar nicht daran, die Sache ging fulminant schief.

Heute bietet Berlin den Griechen wieder deutsche Finanzbeamte an wie sauer Bier. Bislang sperren sich die Griechen gegen die Bürokraten-Injektion. Aber keine Sorge, die geben schon irgendwann nach. An der Grenze kommen unseren Staatsdienern dann vermutlich die evakuierten Briten entgegen und gleich dahinter die griechische Militärpolizei, um die Teutonen umgehend zu verhaften.

Denn unsere hellenischen Freunde haben sich fest in die Vorstellung verliebt, dass alles, was aus Germanien kommt, Hakenkreuzbinden trägt und ihr Land sowieso nur unterjochen und vollends ruinieren will.

Vielleicht liegen sie damit auch gar nicht so falsch. Diese Woche lesen wir, dass auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) darauf brennt, ihre Experten an die Ägäis zu schicken, um dort die deutsche Arbeitslosenverwaltung einzuführen. Wenn das kein unfreundlicher Akt ist.

Um die ganze Wirkung zu entfalten, sollten beim BA-Expeditionskorps auch die „Freien Träger“ dabei sein, die im Auftrag der Bundesagentur tätig sind. Das sind diese Unternehmen, die mit Milliarden öffentlicher Mittel von der Umschulung über die Weiterbildung bis zum sogenannten „Coaching“ alle möglichen Beschäftigungen für Arbeitslose anbieten.

Da werden beispielweise arbeitslose Friseurinnen zu Maurern umgeschult oder die Leute viermal nacheinander in absolut identischen Ausbildungsgängen zum Call-Center-Angestellten „weitergebildet“. Eine richtige Stelle auf dem „ersten Arbeitsmarkt“ bekommen sie danach natürlich so gut wie nie. Der Vorteil liegt ganz woanders: In der Zeit, in der sie auf dem Ausbildungsspielplatz die Kelle schwingen oder im Klassenzimmer sprechen üben, tauchen sie nicht als Arbeitslose in der Statistik auf. So ließe sich Griechenlands Erwerbslosenzahl im Handumdrehen reduzieren.

Andererseits muss man sich diesen Zinnober auch leisten können. Die deutsche Arbeitslosenveralberungsindustrie verschlingt alljährlich Summen in Höhe unseres Wehretats. Mit anderen Worten: Die Griechen wären endgültig erledigt, wenn sie unsere „Freien Träger“ über die Grenze ließen.

Und das dauerhaft, denn wo die „Freien Träger“ sich mal eingenistet haben, da wird man sie nicht wieder los. Längst hat sich in der Bundesrepublik herumgesprochen, dass die Weiterbildungskonzerne sich vor allem selbst „fördern“, schlimmer noch: dass so mancher Arbeitslose erst angesichts der Sinnlosigkeit seines Tuns nach fünf, sechs oder sieben „Umschulungsmaßnahmen“ dermaßen demoralisiert ist, dass er sich endgültig in die soziale Hängematte sinken lässt.

Andererseits: Genau damit, mit sinnloser, aber bezahlter Tätigkeit haben die Griechen dem Vernehmen nach längst nicht solche Schwierigkeiten wie die allermeisten Deutschen. Sie sehen das „mediterran gelassen“, sagen Kenner des Landes.

So könnte man beispielsweise Hunderttausende völlig überflüssiger griechischer Staatsdiener problemlos in den Schoß der deutschen Umschulungsmaschine legen. Sie würden den Unterschied gar nicht merken, denn im Grunde bliebe alles, wie es immer war: Es gibt Geld, und keiner weiß wofür. Dabei sollten wir darauf achten, dass wir nur die Umschuler runterschicken, die nachgewiesenermaßen nichts taugen. Denn mit denen, die ihre Klienten wirklich weiterbringen, würden wir in Hellas nur anecken.

Auch wir Deutsche würden enorm profitieren von dieser Art der europäischen Solidarität. Wir müssten zwar (wie bisher) alles bezahlen, wären dafür aber die Flaschen und Abgreifer in der Umschulungsindustrie los; unsere Arbeitslosen bekämen wieder eine richtige Chance.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren