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10.03.12 / Zwickmühle erkannt / US-Medien loben Deutschland, sehen aber auch Berlins Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Zwickmühle erkannt
US-Medien loben Deutschland, sehen aber auch Berlins Probleme

Mitten im Drama der Euro-Krise, die Angela Merkel zunehmende Kritik im eigenen Land einbringt, ist ein Trost für die belagerte Kanzlerin aufgetreten: Die Amerikaner blicken mit Bewunderung auf die deutsche Führungsmacht in Europa. Sie preisen Merkel als „uneingeschränkten Boss im europäischen Lager von 25 Nationen“ und zitieren gar Josef Joffe von der „Zeit“: „Königin von Europa“. Die „L.A.

Times“ fragte vor kurzem in einem langen Bericht: „Ist das Deutschland von heute das Amerika von gestern?“ Danach gleicht die Wirtschaftsmacht der Deutschen der in den USA vor einer Generation: „Die Deutschen haben alles richtig gemacht. Sie haben ihr Budget kontrolliert, erzielen mit ihrer exzellenten Industrie einen ständigen Export-Überschuss. Und sie haben kluge Reformen eingeleitet wie die Heraufsetzung des Rentenalters. Sie haben fabelhafte Straßen und Züge, ein soziales Netz inklusive perfekter Krankenversicherung und sicherer Renten sowie beste Ausbildungsmöglichkeiten auf jedem Gebiet. Dafür gehen sie nicht ständig teuer essen und überziehen nicht ihre Kreditkarten durch unkontrollierte Käufe. Die Deutschen werden angehalten zum Sparen. In Amerika werden die Leute zu ständigen hektischen Kaufen animiert, weil die Wirtschaft auf Konsum ausgerichtet ist.“

Neben dem großen Respekt für ein Land, das schon wieder an der Spitze ist nach zwei verlorenen Kriegen, flächendeckender Zerbombung, Demontage seiner Industrie und Teilung werden jedoch die aktuellen Probleme nicht übersehen: die Gefahr, dass dieses blühende Land mit in den Strudel der europäischen Malaise gezogen werden könnte. In einer interessanten Analyse zitiert Timothy Garton Ash, Professor der Universitäten Stanford und Oxford, Thomas Manns Rede von 1953 vor Studenten in Hamburg: „Wir sollten nicht ein deutsches Europa anstreben, sondern ein europäisches Deutschland.“ Merkels Berliner Republik, sagt Ash, „ist ein europäisches Deutschland im reichen, positiven Sinn, der dem großen Schriftsteller vorschwebte. Es ist frei, zivilisiert, demokratisch, gesetzestreu, sozial und umweltbewusst … Das beste Deutschland, das wir je hatten.“ Doch durch die Euro-Krise befänden sich die Deutschen nun doch, ungewollt, in einem „deutschen Europa“ und in einer nun auch politischen Führungsrolle, die Washington und Paris den Franzosen zugedacht hatten. „Jeder sagt“, witzelt er im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Sarkozy und Merkel, „Europa ist angeführt von ,Merkozy‘. Aber in Wirklichkeit ist es mehr ,Merkelzy‘.“ Kein Zweifel, wer den Ton angibt. Die deutsche Kanzlerin sitzt im Fahrersitz, und Sarkozy ist auf den Nebensitz geraten.

Doch wenn die Merkel notgedrungen den Franzosen sagt, wen sie wählen sollen, und den Griechen nebst anderen, wie sie zu sparen haben, kommen sofort wieder die Gespenster der NS-Vergangenheit aus den Gräbern. Das führe, so Ash, zu einer Verunsicherung. „Die Franzosen wollen herrschen und können nicht, die Deutschen können und wollen nicht … Sie werden verdammt, wenn sie führen, und verdammt, wenn sie es nicht tun.“ Liselotte Millauer


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