19.04.2024

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10.03.12 / Der Journaille in die Karten geschaut

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Der Journaille in die Karten geschaut
von Theo Maass

Helmut Dietl ist einer der profiliertesten deutschen Filmregisseure, und er steht politisch weit links der Mitte – wie fast alle Kulturschaffenden in Deutschland. Seine bisherigen Filme („Schtonk“, „Rossini“, „Late Show“) und Serien („Kir Royal“ oder „Monaco-Franze“) waren große Erfolge und wurden von der Kritik gelobt. Mit seinem neuesten Film „Zettl“ soll das nun anders sein.

„Zettl“ spielt in Berlin und will der schreibenden Zunft und der politischen Klasse der „Berliner Republik“ den Spiegel vorhalten. „Unschlagbar charakterlos“ lautet denn auch treffend der Untertitel. Gegen den Film formierte sich schnell eine Allianz vom alten SED-Blatt „Neues Deutschland“ bis zu „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“. Unisono wird an dem Streifen herumgenörgelt. Dietl habe am Spreeufer für seinen Film einige zusätzliche Hochhäuser als Skyline aufbauen lassen, wird beispielsweise moniert. Der gute Franz Xaver Kroetz (Protagonist in Dietls legendärem „Kir Royal“) werde schon gewusst haben, warum er die Hauptrolle nicht spielen wollte.

Dennoch glänzt „Zettl“ mit einem Aufgebot prominenter Schauspieler wie Michael Bully“ Herbig, Dieter Hildebrand, Harald Schmidt, Ulrich Tukur, Karoline Herfurth und Dagmar Manzel.

Wer seinen Obolus an der Kinokasse entrichtet hat, der darf einen Blick hinter die Kulissen tun und sich fragen: Ist es Realität oder doch ein bisschen übertrieben, was der Dietl da kredenzt? Langweilig und belanglos, wie das „Neue Deutschland“ schrieb, ist „Zettl“ jedenfalls nicht. Woher dann die ätzenden Verrisse? Im Kinosessel stellte sich mir der Verdacht ein, dass Politiker und Mainstreamjournalisten es hässlich finden, wenn ihnen der Spiegel vorgehalten wird und breite Massen Einblicke in ihre Praktiken erhalten.

Tatsächlich waren ja auch zur Filmpremiere am 1. Februar keine Politiker erschienen, und der Qualitätsjournalismus hat den Film niedergeschrieben. Kein Wunder: Wenn man erfährt, dass heutzutage jeder Dödel „schreiben“ oder gar Chefredakteur werden kann, dass die Geldgeber der Branche im Hintergrund Storys erfinden, veranlassen und auch wieder verschwinden lassen, fragt man sich, ob Dietl damit Friede Springer oder Liz Mohn oder gar beide gemeint hat. Wer Einblicke in die reale Welt der Mächtigen gewinnen will, soll sich beeilen, denn der Film wird bald aus den Lichtspieltheatern verschwunden sein – so wie die Mächtigen es wollten. Dietl selbst über sein Werk: „Wenn man das, was hier gerade pseudo-politisch passiert, in einem Film erzählt hätte, hätte einem das keiner geglaubt.“


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