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10.03.12 / EU-Streit um Minderheiten / Rumänien drohte sogar mit Blockade von Serbiens EU-Beitritt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

EU-Streit um Minderheiten
Rumänien drohte sogar mit Blockade von Serbiens EU-Beitritt

Serbien wird keine unerfüllbaren Bedingungen akzeptieren“, sagte der serbische Staatspräsident Boris Tadic am 28. Februar in Brüssel. Es waren auch keine zu befürchten, nachdem Serbien seine Blockade des Kosovo gelockert hatte und nun eigentlich EU-Beitrittskandidat werden konnte. Das verhinderte jedoch in letzter Minute Rumänien – ausgerechnet einer der fünf EU-Staaten, die das Kosovo nicht anerkennen, und damit ganz auf serbischer Linie liegen –, als es Serbien einen „Schutz der walachischen Minderheit“ als neue Vorbedingung draufsattelte. Das entspricht „nicht dem Geist der europäischen Zusammenarbeit“, rügte Außenminister Guido Westerwelle, so die Verärgerung der ganzen EU gut artikulierend.

Rumäniens Außenminister Cristian Diaconescu ruderte rasch zurück: keine Blockade, nur eine Erinnerung an EU-Standards für Minderheiten. Oder war es eine rumänische Revanche gegen die Niederlande, die Rumänien die Aufnahme in die Schengen-Zone verwehrten? EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte umänien, dass wenn es Serbien blockiere, es niemals nach Schengen komme. In der Nacht zum 2. März signierten dann die EU-Botschafter Mihnea Motoc (Rumänien) und Roksanda Nincic (Serbien) ein Abkommen zum Minderheitenschutz beider Länder.

Welche Minderheiten meinte dieses flüchtig geschusterte Abkommen? In Rumänien leben 20 Minderheiten, darunter 23000 Serben, in Serbien über 30, darunter 1500 Rumänen und 40000 Walachen. Diese werden von Bukarest als „Rumänen“ reklamiert, was sie nicht sein wollen. Der „Nationalrat der Walachen“ und ähnliche Organisationen in Serbien sind verärgert, wenn Rumänien Serbien ein „Ultimatum“ stellt, denn „wir Walachen fühlen uns hier nicht entrechtet und außer uns gibt es eine rumänische Minderheit, die Rumänien als ihr Mutterland ansieht“.

Walachen leben in der Woiwodina und im nordserbischen Timok-Tal, und zwar länger, als es den Staat Rumänien beziehungsweise seine Vorläufer Moldau und Oltenien gibt. In alten deutschen Chroniken wurde Oltenien „Walachei“ genannt, abgeleitet von altdeutsch „welsch“. „Walachen“ war zuerst ein Sammelname für alle Rumänen, die sich nach Wohnort und Sprachkonvention differenzierten. Etwa 90 Prozent des rumänischen Ethnikums machen die „Dakorumänen“ aus, die in Rumänien und Moldowa leben. Lediglich 12000 zählen die „Menglenorumänen“ in Griechenland und Makedonien, allein für die Balkanromanistik interessant sind die 1500 „Istrorumänen“ („Ciribirci“) auf der Halbinsel Istrien, Nachfahren karpatischer Wanderhirten aus dem 12. Jahrhundert. Die wahren „Walachen“ sind die 300000 „Aromunen“ (Zinzaren, Kuzowalachen) vom West- und Süd-Balkan, eine fleißige, intelligente Volksgruppe, deren ethnische Mimikry ein makedonisches Sprichwort glossiert: „Reicher Walache = Grieche, armer Walache = Makedone“.

Wegen dieser Mimikry ist die genaue Zahl der Vlachen unbekannt. Alle Rumänen, Walachen, Zinzaren sind Nachfahren der urbalkanischen Daker und Geten, die von den Römern bis zum 3. Jahrhundert romanisiert wurden und in ihren Sprachkonventionen, bei aller Binnendifferenzierung, das lateinische Erbe aller romanischen Idiome am getreuesten bewahrten. Details kennt niemand, denn „Poporul roman, o enigma si un miracol istoric“ – Rumänen sind ein Rätsel und ein Wunder der Geschichte. Wolf Oschlies


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