18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.03.12 / Mehr vom Falschen / Hohe Sozialkosten verschlechtern den Standort Frankreich, doch die Sozialisten wollen aufstocken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Mehr vom Falschen
Hohe Sozialkosten verschlechtern den Standort Frankreich, doch die Sozialisten wollen aufstocken

Frankreich ist als feste Größe bei allen Euro-Rettungspaketen einkalkuliert. Ein Machtwechsel bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen könnte dies schnell ändern. François Hollande, aussichtsreicher Kandidat der Sozialisten, hat bereits zu Beginn der 80er Jahre für Überraschungen gesorgt: als gescheiterter Wirtschaftsberater François Mitterrands.

Fast symbolhaft könnten die beiden Autobauer Renault und Peugeot/Citroën für die derzeitige Situation der französischen Wirtschaft stehen. Die einstige Vorzeigebranche Automobilbau steckt in einer tiefen Krise. Absatz und Gewinnmargen schrumpfen dahin. Bereits seit dem Jahr 2007 importiert Frankreich mehr Autos, als es selbst ins Ausland verkauft. Mit welchen Problemen die Unternehmen zu kämpfen haben, machte unlängst der Chef von Peugot/Citroën deutlich: Auf einen Netto-Lohn von 100 Euro werden an den französischen Standorten 83 Euro an Sozialabgaben und anderen Nebenkosten fällig, in Deutschland jedoch nur 47 Euro.

Die Lösung, die derzeit von den aussichtsreichsten Kandidaten bei der Wahl für das Amt des französischen Präsidenten angeboten werden, könnten kaum unterschiedlicher sein. Amtsinhaber Nicolas Sarkozy will mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19,6 auf 21,2 Prozent eine Absenkung der Lohnnebenkosten finanzieren. Nachdem er fast fünf Jahre Amtszeit hat verstreichen lassen, wird die nun kurz vor den Wahlen beschlossene Steuer-erhöhung seine Wahlchancen kaum erhöhen. Ohnehin dürfte es schwer genug werden, den Wahlversprechen des sozialistischen Spitzenkandidaten François Hollande etwas entgegenzusetzen: In einem 60-Punkte-Wahlprogramm hat Hollande unter anderem die Rückkehr zur Rente ab 60 in Aussicht gestellt. Die Umsetzung dieses Versprechens dürfte ebenso kostspielig werden wie die Absage an eine Verkleinerung des öffentlichen Dienstes. Mit 5,4 Millionen Beamten ist dieser – trotz geringerer Bevölkerungszahl – in Frankreich sogar umfangreicher als in Deutschland (4,5 Millionen Beamte). Was die Effizienz der Verwaltung angeht, rangiert Frankreich allerdings inzwischen auf dem Niveau vieler seiner ehemaligen Kolonien. Und nicht nur die hohe Zahl von Beamten ist ein Problem. Die Arbeitszeit liegt im öffentlichen Dienst sogar noch unter der 35-Stunden-Grenze, die für die übrige Wirtschaft bindend ist. Die im Jahr 2000 beschlossene 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich hat neben dem kontinuierlich angehobenen gesetzlichen Mindestlohn Frankreichs Wettbewerbschancen massiv vermindert. Mittlerweile liegt der Mindestlohn bei 9,19 Euro pro Stunde und damit international an der Spitze. Die französischen Lohnstückkosten sind seit 1999 um 3,5 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum gingen sie in Deutschland um über 17 Prozent zurück.

Ob der derzeit in den Umfragen vorne liegende Präsidentschaftskandidat der Sozialisten eine nachhaltige Lösung für diese Probleme präsentieren kann, darf angesichts seines politischen Werdegangs bezweifelt werden. Nach dem Wahlsieg der Sozialisten im Jahre 1981 diente Hollande dem damaligen Präsidenten François Mitterrand als Wirtschaftsberater. Bereits nach zwei Jahren war das Scheitern der Wirtschaftspolitik so offensichtlich, dass von Mitterand 1983 die „Notbremse“ gezogen wurde. Die nach 1981 eingeleiteten Verstaatlichungen hatten zeitweise ein Drittel des gesamten Industriesektors und 39 Banken in Staatsbesitz gebracht. Die schon nach kurzer Zeit ausufernde Verschuldung und ein massives Außenhandelsdefizit führten zu einer Währungskrise, die Kapitalausfuhrkontrollen und in kurzer Zeit drei Abwertungen des französischen Franc nötig machte. Bewältigt werden konnte die damalige Krise nur durch Hilfen der Bundesbank. Die nach der France-Krise erfolgte Ausrichtung der Banque de Franc nach der Währungspolitik der Bundesbank wird als wichtiges Motiv für das spätere Drängen Frankreichs auf eine europäische Währungsunion und den Wunsch Frankreichs nach Entmachtung der Bundesbank gesehen.

Neben seinem 60-Punkte-Wahlpogramm mit Klassenkampf-Rhetorik und teuren Versprechen scheint vor allem die jüngst geforderte „Reichensteuer“ dafür zu sprechen, dass Hollande an alte Konzepte anknüpfen will. Konfliktpotenzial steckt auch in seinen Vorstellungen zur Europapolitik: Neben der Ankündigung von Nachverhandlungen des EU-Fiskalpakts steht die Forderung nach Eurobonds und politischem Einfluss auf die Europäische Zentralbank (EZB).

Nicht nur deshalb könnte die weitere Entwicklung in Frankreich Rückwirkungen auf Deutschland haben. Noch immer ist Frankreich mit Exporten im Wert von über 100 Milliarden Euro der wichtigste Auslandsmarkt für Deutschland. Auch bei den Rettungspaketen für den Euro-Raum ist Frankreich als zweitgrößter Zahler und Garantiegeber beteiligt. Schon die Absenkung der französischen Bonitätsnote von AAA auf AA+ war ein wesentlicher Grund dafür, dass nun auch die Bonität des Euro-Rettungsschirms EFSF unter die Lupe genommen wird. Jede weitere Bonitätsverschlechterung Frankreichs wird den Druck und die Belastungen auf die Länder erhöhen, die noch über eine Best-Bonität verfügen. Der Kreis dieser Länder wird allerdings immer kleiner. Neben Deutschland zählen nur noch die Niederlande, Finnland und Luxemburg dazu. Norman Hanert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren