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10.03.12 / Von Schönheit, Würde und Bedrohtsein des Menschen / »Das Romantische besaß ich, das Klassische habe ich gesucht«: Große Karl-Hofer-Schau in der Kunsthalle Emden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Von Schönheit, Würde und Bedrohtsein des Menschen
»Das Romantische besaß ich, das Klassische habe ich gesucht«: Große Karl-Hofer-Schau in der Kunsthalle Emden

Karl Hofers malerisches Werk erfreut sich beim Publikum anhaltender Beliebtheit. In den letzten drei Jahren zeigten Sonderschauen in Ettlingen, Kiel und Halle seine Bilder. Gegenwärtig präsentiert die idyllisch gelegene Kunsthalle im ostfriesischen Emden mit 75 Gemälden einen größeren Ausschnitt aus dem Werk Hofers (1878–1955), der als der letzte große Maler klassischer deutscher Kunst gelten kann. Seine Bilder, die eine klare, expressive Farbgebung auszeichnet, deren vereinfachende Linien bisweilen kubistisch anmuten sowie deren breitflächige Gesamtkomposition sind auch für Menschen zugänglich, die kein Studium abstrakter Malerei absolviert haben.

Hofer zählt ähnlich wie Max Beckmann oder Oskar Kokoschka zu den Einzelgängern unter den Malern des 20. Jahrhunderts: Er gehörte keiner Richtung an und begründete keinen „-ismus“. Der Künstlergemeinschaft der „Brücke“ schloss er sich nicht an und wehrte sich dagegen, den Expressionisten zugerechnet zu werden. Hofer ging künstlerisch vollständig seinen eigenen Weg. Ein unschätzbares Glück war die Bekanntschaft mit der sehr reichen Familie des Kunstmäzens Theodor Reinhart, die ihn förderte, äußerst großzügig unterstützte und seine innere Unabhängigkeit ermöglichte.

Seine Motivwelt umfasst vor allem die Gestalt des Menschen in allen Facetten; er wurde geradezu sein ureigenstes Thema: die badende Frau, der ausgemergelte Mann in Ruinen, einsame Gestalten am kaum wärmenden Lagerfeuer, von Kleidung kaum bedeckte, einander Halt gebende „Freundinnen“ (so der Bildtitel) vor schwärzester Nacht.

Wiederkehrend hat Hofer melancholische, herbe Mädchen dargestellt. Die Gesichter haben oft harte Konturen, sind flächig abstrahiert. Seine in ihrer klassischen Komposition zeitlos wirkenden Werke stießen schon zu Hofers Lebzeiten in der Kunstwelt auf große Resonanz und verschafften ihm insbesondere in den zwanziger und dreißiger Jahren große Ausstellungserfolge. Die Figuren strahlen eine nachdenkliche Ruhe aus, niemand lacht, große Gestik oder Bewegungen kommen nicht vor.

Unter Hitler wurde er verfemt, das Lehramt an der Berliner Hochschule für bildende Künste ihm entzogen, seine Gemälde aus allen Museen entfernt und einige davon in der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ künstlich verspottet („Verhöhnung der deutschen Frau“). Der alliierte Bombenterror gegen die deutsche Zivilbevölkerung zerstörte 1943 Hofers Wohnung und Atelier mit 150 Gemälden und 1000 Zeichnungen.

Die Emdener Ausstellung nun fokussiert die Themen, die den Künstler Zeit seines Lebens beschäftigten. Zu diesem Repertoire zählen die Mädchen mit Blumen und Jungen mit Ball, Frauenakte, Lesende, Schreibende und Musizierende, Maskeraden oder Fest- und Tischgesellschaften. Einmal gefundene Bildkompositionen variierte Hofer über Jahre hinweg immer wieder. In der Schau „Von Lebensspuk und stiller Schönheit“ sind diese wiederkehrenden Motive beispielhaft in Werkgruppen zusammengestellt, die unterschiedliche Versionen eines Motivs zeigen. Das zeitliche Spektrum des Ausgestellten umfasst fünf schaffensreiche Lebensjahrzehnte mit Schwerpunkt auf der Zwischenkriegszeit. Mit einem Œuvre von fast 3000 Gemälden und unzähligen Zeichnungen war kaum ein deutscher Künstler so produktiv wie Karl Hofer. Christian Rudolf

Bis 17. Juni 2012 in der Kunsthalle Emden, Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden. Dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr, sonnabends, sonntags und an Feiertagen 11 bis 17 Uhr; jeden 1. Dienstag im Monat 10 bis 21 Uhr; 30. April und 1. Mai geöffnet. Eintritt: 8 / 6 Euro; jeden 1. Dienstag im Monat von 17 bis 21 Uhr 4 Euro. Kinder bis einschließlich 15 Jahren frei. Telefon (04921) 975050. Internet: www.kunsthalle-emden.de


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