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10.03.12 / Des Soldatenkönigs Gegenpol in der Erziehung / Im Gegensatz zum Vater Friedrich Wilhelm I. förderte die Mutter Sophie Dorothea Friedrichs des Großen künstlerische Neigungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Des Soldatenkönigs Gegenpol in der Erziehung
Im Gegensatz zum Vater Friedrich Wilhelm I. förderte die Mutter Sophie Dorothea Friedrichs des Großen künstlerische Neigungen

Die Entdeckung der schönen Künste und der Musen bereits in seinen frühen Jahren verdankt der spätere Preußenkönig Friedrich der Große außer seiner drei Jahre älteren Schwester Friederike Sophie Wilhelmine (1709–1758) seiner Mutter Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Hannover (1687–1757). Vor 325 Jahren, am 16. März 1687, wurde sie in Hannover geboren.

Als die späteren Eltern Friedrichs des Großen, Sophie Dorothea und der spätere Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Preußen, 1706 heirateten, prallten durch die Verbindung zwischen den hannoverschen Welfen und den preußischen Hohenzollern zwei Welten aufeinander. Die Frauen am Hofe der Welfen standen in dem Ruf, den Männern an Gemüt und Geist überlegen zu sein. Sophie Dorotheas Großmutter Sophie von Braunschweig hat kulturgeschichtlich bedeutsame Memoiren verfasst; deren Tochter Sophie Charlotte, Gemahlin Friedrichs I. und Preußens erste Königin, ist durch den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz unterrichtet worden.

Bei dieser Herkunft ist es wenig verwunderlich, dass Sophie Dorothea bei der Erziehung des Sohnes zum Gegenpol des Vaters und Soldatenkönigs Friedrich Wilhem I. wurde. Der feinsinnigen Mutter verdankt Friedrich seine Aufgeschlossenheit für Literatur, Musik und Kunst. Je mehr der Mutter das derbe Wesen des Ehemannes missfiel, desto mehr versuchte sie dem Sohn, dessen Neigungen ihr entgegenkamen, für die schönen Künste zu gewinnen. Erfolgreich wurde sie dabei von Friedrichs älterer Schwester Wilhelmine unterstützt. Die Mutter machte diese beiden Kinder zu Verbündeten gegen den Vater. Sie verspottete die Lebensweise des „Bettlerkönigs“ und zog sich auf ihren Musenhof, das im Zentrum Berlins an der Spree gelegene Schloss Monbijou, zurück. Dort gab sie Konzerte und veranstaltete Bälle. Sie sammelte Porzellan und legte eine erlesene Kunstsammlung an. Monbijou wurde zum geheimen Fluchtpunkt für den jungen Friedrich.

Unter diesen Gegebenheiten ist es nicht verwunderlich, dass Fried­rich früh dem Vater entfremdet wurde, zumal der alles tat, um seinen Sohn von der Welt der Literatur fernzuhalten. Später erinnerte sich Friedrich an diese Zeit:

„Man wollte mir das Lesen verbieten, ich tat es heimlich. Mein Bett stand zwischen dem des Generals Finck, meines Gouverneurs, und dem meines Kammerdieners. Sobald sie beide fest schliefen, stieg ich über das Bett des Dieners hinweg und begab mich in ein anderes Gemach, wo ich auf dem Kamin eine Lampe fand. Dort hockte ich mich nieder und las. Aber eines Nachts bekam der Marschall einen Hustenanfall. Er hört mich nicht neben sich atmen, tastet im Dunkeln nach mir, findet mich nicht und ruft. Schnell kam ich gelaufen. Ich sagte, dass ich irgendein Bedürfnis gehabt hätte. Ich versteckte mein Buch und ließ mich nicht wieder erwischen. ‚Nehmen Sie sich in Acht, mein Prinz!‘, sagte der Marschall, und ich nahm mich in Acht.“

Aus der – von der Mutter geförderten – Liebe zum Buch wuchs noch in den Jugendjahren Fried­richs eine Bibliothek. Bei der Auswahl der Bücher hatte der Erzieher des Kronprinzen, der Hugenotte Jacques Égide Duhan de Jandun, maßgeblichen Einfluss. Die heimlich aufgebaute Bibliothek umfasste nach wenigen Jahren 3000 Bände. Darin befanden sich Wörterbücher und Grammatiken der französischen, englischen, italienischen und spanischen Sprache, ferner mathematische und naturwissenschaftliche Werke. Ergänzend Lehrbücher der Poetik, Konservation und Stilkunst. Antike Dichter waren ebenso vertreten wie die Franzosen, von Rabelais bis Voltaire. Im Fach Politik befanden sich Schriften von Niccolò di Bernardo dei Machiavelli, Thomas Morus, René Descartes, Pierre Bayle und John Locke darunter.

Für einen Heranwachsenden, der gleichzeitig vom Vater zum Soldaten gedrillt wurde, war das eindeutig zu viel. Friedrich wird kaum alles gelesen haben, was seine Bibliothek bot. Bezeichnenderweise befand sie sich nicht im Zugriff des Vaters, sondern heimlich im Hause des Geheimen Finanzrates Julius von Pehnen, der nahe dem Schloss wohnte. Die partielle Lektüre genügte, um Friedrich in die Gedanken der Zeit der Aufklärung zu führen. Klaus J. Groth


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