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17.03.12 / Zuwanderungwelle befürchtet / Aus Sorge vor Folgen der Euro-Krise ändert Berlin Hartz-IV-Regeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-12 vom 17. März 2012

Zuwanderungwelle befürchtet
Aus Sorge vor Folgen der Euro-Krise ändert Berlin Hartz-IV-Regeln

Angst vor einer massiven Einwanderungsbewegung in das deutsche Sozialsystem aus Südeuropa scheint das Motiv einer Änderung der Hartz-IV-Regelungen zu sein, die, öffentlich kaum wahrgenommen, derzeit vorgenommen wird. Bereits im Dezember ist vom Auswärtigen Amt beim Straßburger Europarat ein Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen von 1953 zu Protokoll gegeben worden, da dieses gegen die Gleichbehandlung der EU-Bürger verstoße.

Bis dieser Vorbehalt eingelegt worden war, hatten die Bürger der 18 Unterzeichnerstaaten – darunter Spanien und Griechenland –, sobald sie sich in Deutschland polizeilich angemeldet hatten, Anspruch auf deutsche Sozialleistungen, wenn sie sich als arbeitssuchend meldeten. Bürger aus Staaten, die erst später zur EU gestoßen sind, wie etwa Österreicher und Polen, hatten diesen Anspruch allerdings nicht. Durch die nun erfolgende Neuregelung besteht einheitlich für alle EU-Bürger erst nach Ablauf von drei Monaten dieser Anspruch. Als zusätzliche Bedingung gilt, dass der Antragsteller für die Hartz-IV-Leistungen bereits  zuvor in Deutschland gearbeitet haben muss. In der Praxis muss dies allerdings keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sein, so dass auch Freiberufler und Selbstständige Ansprüche anmelden können. Als Nachweis für eine Arbeit in Deutschland dürfte bereits ein absolviertes Praktikum reichen, selbst wenn dieses nur geringfügig vergütet worden ist.

Immerhin zeigt die Neuregelung aber, wie die finanziellen Spielräume enger werden. Zu Zeiten deutscher Scheckbuchdiplomatie hätte die Lösung des vorgeb­lichen Problems der ungleichen Behandlung sehr wahrscheinlich darin bestanden, die bisher bestehende großzügige Lösung, die nur Bürgern einiger Länder gewährt wurde, komplett auf alle EU-Länder auszuweiten. Hintergrund der nun erfolgten Neuregelung, die ab 1. April in Kraft treten soll, dürfte auch weniger die Sorge um die Gleichbehandlungsgrundsätze sein als vielmehr die Angst vor massiver Einwanderung vor allem aus den südeuropäischen Krisenstaaten Griechenland, Spanien und Portugal.

Noch bewegen sich die entsprechenden Zahlen auf niedrigem Niveau. 2011 waren bundesweit etwa nur 7000 Spanier in Deutschland als arbeitssuchend gemeldet, so dass sie Hartz-IV- Leistungen beantragt hatten. In Berlin lag die Zahl beispielsweise im Jahr 2011 bei 567 arbeitssuchenden Spaniern. Alarmierend sind allerdings die Zuwachsraten. Allein in Berlin ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Spanier zwischen Januar 2011 und Januar 2012 um 60 Prozent gestiegen. Auch Angehörige aus anderen EU-Krisenländern sind mit hohen Steigerungsraten dabei. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Griechen stieg in Berlin im gleichen Zeitraum um 19 Prozent, die der Italiener immerhin auch um zehn Prozent.

Die nun vollzogene Notbremsung könnte ein Zeichen dafür sein, dass die bisher verbreitete Grundannahme, die hinter allen im Bundestag verabschiedeten Rettungspaketen steckt – Sparpakete und Rettungsgelder für die Euro-Krisenländer zeigen in absehbarer Zeit Wirkung –, intern wohl selbst nicht mehr geglaubt wird. Norman Hanert


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