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24.03.12 / Russland und der Westen / Egal ob Präsidentenwahl oder Syrien: Moskau wird mit Kritik und Ermahnungen überhäuft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-12 vom 24. März 2012

Russland und der Westen
Egal ob Präsidentenwahl oder Syrien: Moskau wird mit Kritik und Ermahnungen überhäuft

Russland ist für den Westen ein wichtiger Wirtschaftspartner sowie Garant für Stabilität und Sicherheit in Europa. Dennoch ist auffällig, wie sehr in letzter Zeit die verbale Auseinandersetzung zwischen den einstigen Gegnern des Kalten Krieges zugenommen hat. Dabei herrschen auf westlicher Seite überwiegend Vorurteile und Fehleinschätzungen.

Die Wende in Osteuropa von 1990/91 und in deren Folge der Zusammenbruch des Kommunismus und die Auflösung der Sowjetunion haben die Welt sicherer gemacht. Der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestehende Kalte Krieg zwischen dem Osten (Warschauer Pakt) und dem Westen (Nato) kam durch die Auflösung des östlichen Bündnisses zum Ende. In Russland entwickelte sich eine demokratische Struktur, die mit dem Begriff „gelenkte Demokratie“ für das Land zutreffend beschrieben wurde. Gleichzeitig erlebte Russland einen beispiellosen Niedergang; das Land verlor seinen Weltmachtstatus. In der Jelzin-Ära entwickelte sich ein abstoßender Raubtierkapitalismus. Einer kleinen Anzahl von Russen gelang durch gewissenlose Aneignung von Staatsvermögen der Aufstieg in die Oligarchenklasse. Am Ende der Entwicklung stand 1998 eine russische Staatskrise, die eine Umschuldung erforderlich machte. Der Prozess des Niedergangs Russlands wurde begleitet durch eine bewusste Förderung der westlichen Dominanz an Russlands West- und Südgrenze.

Es ist auffällig, wie sehr die verbale Auseinandersetzung zwischen dem Westen und Russland trotz der lange beendeten Konfrontation an Schärfe zugenommen hat. Wer die ZDF-Berichterstattung aus Anlass der russischen Präsidentenwahl gesehen hat, war sprachlos. Mit einer eigentümlichen Mischung aus Arroganz und oberlehrerhafter Attitüde kommentierte Marietta Slomka die Wahl Wladimir Putins direkt aus der russischen Hauptstadt. Zweifellos ein diplomatischer Affront, auch wenn es einiges an der Wahl zu kritisieren gab. Seit Wochen wird Russland aus dem Westen heftig kritisiert, weil es einer Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Verurteilung Syriens nicht zugestimmt hat. Russland hatte gute Gründe dafür (siehe PAZ Folge 7, S. 2).

Fast durchgängig wird über den zukünftigen russischen Präsidenten Putin in den Medien des Westens negativ berichtet. Man will nicht zur Kenntnis nehmen, dass Putin für sehr viele Menschen in Russland nach wie vor ein Hoffnungsträger ist. Klar ist auch, dass Russland heute kein demokratischer Rechtstaat im westlichen Sinne ist. Es war nie realistisch, von der Hoffnung auszugehen, dass Russland innerhalb von drei oder vier Wahlperioden sich zu einer funktionierenden Demokratie entwickeln könnte. Dazu fehlen dem Land, das durch Jahrhunderte bis 1991 durch die Knute regiert wurde, alle Voraussetzungen.

In der neuesten Ausgabe von „Paneuropa Deutschland“ kommentiert Stephan Baier ohne Rück-sicht auf Russland und seine Würde das „diktatorische“ politische Wirken Putins in Russland. Der Artikel – in der Sprache des Kalten Krieges geschrieben – strotzt vor Vorurteilen und Fehleinschätzungen. Präsident der Paneuropa-Union Deutschland ist der CSU/EU-Abgeordnete Bernd Posselt.

Nun hat Russland erstmalig verbal zurückgeschlagen. Sein Außenminister, Sergej Lawrow, hat schwere Vorwürfe gegen den Westen erhoben, die darin gipfelten, dass dieser UN-Entscheidungen verletze und manipuliere. Hinsichtlich des Vorgehens der USA und der „Koalition der Willigen“ gegen Libyen und den Irak eine zutreffende Feststellung.

Droht nun ein neuer Ost-West-Konflikt? Nein! Der Westen einschließlich der USA haben mit der Bewältigung der Verschuldungsmisere eigene Probleme zu lösen. In den USA ist bis November Wahlkampf. US-Präsident Barack Obama möchte wiedergewählt werden. Der Friedensnobelpreisträger wird bis zur Wahl auf jede militärische Kraftmeierei verzichten. Auch die zunehmende Eskalation zwischen Israel und dem Iran wird dazu beitragen, dass ein neuer Ost-West-Gegensatz in den Hintergrund tritt.

Russland ist für den We-sten und für Deutschland ein eminent wichtiger Handelspartner (Energielieferant) und ein immer zu berücksichtigender Faktor bei der Sicherung einer europäischen Friedensordnung. Nicht von ungefähr spricht der deutsche Außenminister Guido Westerwelle von Deutschlands strategischem Partner Russland.

Möge man zu einer neutralen Berichterstattung über Russland zurückfinden. Was steht hinter der mit viel Moralin angesäuerten Kritik des Westens an Russland? Der Westen, und insbesondere die westliche Führungsmacht, möchte auf die Ressourcen Russlands Zugriff haben. Das gelingt, wenn Russland schwach ist, wie in der Jelzin-Ära. Der russische Patriot Putin steht für ein starkes, selbstbestimmtes Russland, in dem russische Interessen die Politik bestimmen. Das wird der Westen, und insbesondere die USA, akzeptieren müssen. Wilhelm v. Gottberg


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