28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.03.12 / »Die Masuren sind die Indianer Masurens« / Polnischer Politiker äußerte sich im Ostheim zu Masuren und Ermländern sowie Flucht und Vertreibung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-12 vom 24. März 2012

»Die Masuren sind die Indianer Masurens«
Polnischer Politiker äußerte sich im Ostheim zu Masuren und Ermländern sowie Flucht und Vertreibung

Viktor Marek Leyk, Chef der Kanzlei und Minderheitenbeauftragter des Marschalls der Woiwodschaft Ermland und Masuren in Allenstein sowie bekennender Masure, hat der Bundesrepublik Deutschland einen Besuch abgestattet. Er folgte einer Einladung nach Bad Pyrmont ins Ostheim, wo er als Referent an dem von der Kreisgemeinschaft Lyck organisierten Seminar „Masuren, Geschichte und Sprache“ teilnahm. Der polnische Gast referierte über das Thema ,,Ermland und Masuren von 1945 bis heute“, was das sensible Thema von Flucht und Vertreibung implizierte, denen er Einzigartigkeit bescheinigte: „Ostpreußen wurde im Laufe von sechs Monaten, in der Zeit vom Herbst 1944 bis zum Frühjahr 1945, zum einzigen Ort, wo sich ein derartiger Exodus der Bevölkerung abspielte.“.

Leyk betonte, dass bereits ein Jahr vor Kriegsende im Rahmen der polnischen Exilregierung das „Büro der Westlichen Territorien“ entstanden sei, das Beamte und Lehrer darauf vorbereitet habe, in der Zukunft eine polnische Verwaltung in Ostpreußen aufzubauen. Ein Hindernis sei Josef Stalin gewesen, der den nördlichen Teil Ostpreußens mit Königsberg bis an den Pregel gefordert habe. Ab März 1945 habe die polnische Verwaltung das Leben im südlichen Ostpreußen organisiert. Die innerostpreußische Grenze zwischen dem polnisch und dem sowjetisch verwalteten Teil sei am 16. August 1945 festgelegt worden. Der Referent sprach vom Schicksal der verbliebenen deutschen Bevölkerung und den Schikanen, denen sie ausgesetzt waren. Das einzige Heilmittel, allem zu entgehen, sei es gewesen, einen Ausreiseantrag zu stellen. Sein politisch korrekter Kommentar lautet: „Das war der Preis für den Beginn des Zweiten Weltkrieges durch das Dritte Reich.“

Leyk sprach die Vermutung aus, dass heute in der Woiwodschaft Ermland und Masuren noch etwa 6000 Masuren und 3000 Ermländer leben, obwohl es dort laut der Volkszählung von 2002 nur 25 Masuren und keinen einzigen Ermländer gibt – dafür aber immerhin 34 Amerikaner. Auf diese Weise bestätige sich die Aussage, dass die Masuren die Indianer Europas seien. Er bemerkte, eine Feststellung bei der Landsmannschaft gehört zu haben: ,,Ihr habt die Region Masuren, wir haben die Einwohner Masurens.“ Was er dabei unter Masuren und Ermländern versteht, hatte er schon zu Beginn seines Referates anklingen lassen. In diesem Zusammenhang sprach er von Siedlern aus Masowien und später Zentralpolen, die den südlichen Teil von Preußen besiedelt hätten, und dem masurischen Dialekt als traditionellem Identitätsmerkmal. Den Unterschied zwischen Ermländern und Masuren machte er dabei an der Konfession – hier katholisch, dort lutherisch – und am Siedlungsgebiet – hier Ermland, dort Masuren – fest.

In seinem historischen Abriss über die Nachkriegsgeschichte in der Gegenwart angelangt, kam Leyck auf Polens Souveränität und Demokratie, seine Mitgliedschaft in Nato und Europäischer Union sowie auf die Bundesrepublik als dessen größten wirtschaftlichen und politischen Partner zu sprechen. Auch sprach er von den ethnischen Minderheiten und der großen religiösen Vielfalt. Als wichtigste Branchen der Region hob er die Landwirtschaft, die Möbelindustrie, die Reifenherstellung sowie den Tourismus und den damit verbundenen Bau kleinerer wie größerer Hotels hervor. Desweiteren erwähnte er die guten Partnerschaften zwischen Städten und Landkreisen seiner Woiwodschaft und der Bundesrepublik, wobei er die Verdienste der landsmannschaftlichlichen Verbände und der deutschen Volksgruppe hierum betonte.

Zum Schluss sagte Leyk: ,,Die nächste Generation von Nachkriegssiedlern will sich auch ,Masuren‘ nennen, und das bedeutet, dass Masuren eine gute Marke ist, sowohl bei uns, als auch bei Euch.“ Danach zeigte er den Seminarteilnehmern einen Touristikwerbefilm über Masuren. Der Gast aus Ostpreußen beendete sein Referat mit einer Diashow über seine Familiengeschichte, in die sich ein Stück weit deutsch-polnische Geschichte auf tragische Weise widerspiegelt. Der Großvater väterlicherseits des am 10. Mai 1951 in Ortelsburg geborenen polnischen Politikers, der evengelische Laienprediger Gottlieb (Bogumil) Leyk, hat sich während der Volksabstimmung 1920 für die polnische Seite eingesetzt. Deswegen wurde er anschließend von den Deutschen schikaniert. Nach der Flucht vor den Russen starb er am 11. Oktober 1945 in München. Sein Vater Emil, auch Aktivist für die polnische Seite, wurde dann während des Zweiten Weltkrieges Hauptmann in der deutschen Wehrmacht, zuletzt beim 7. Reserve-Pionier-Batallion in München. Nach dem Krieg ging er nach Ostpreußen zurück. Dort hatte er es als ehemaliger deutscher Offizier unter den Polen nicht leicht.  Bärbel Wiesensee/PAZ


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren