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31.03.12 / Ein letztes Mal vor dem Ende / Vor 75 Jahren änderte das Groß-Hamburg-Gesetz Preußens Grenzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-12 vom 31. März 2012

Ein letztes Mal vor dem Ende
Vor 75 Jahren änderte das Groß-Hamburg-Gesetz Preußens Grenzen

Am 1. April 1937 veränderten sich noch einmal Preußens Grenzen in nennenswerter Weise. Da die Grenzverschiebungen vor allem den Großraum Hamburg betrafen, trägt die entsprechende gesetzliche Grundlage  vom 26. Januar 1937 den Titel „Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen“.

Hamburg hatte im 19. Jahrhundert und vor allem nach der Reichs­einigung und dem Zollanschluss eine Blütezeit als „Deutschlands Tor zur Welt“ erlebt. Die Freie und Hansestadt war dabei über ihre politischen Grenzen hinausgewachsen. Bereits im Ersten Weltkrieg, aber vor allem in der nachfolgenden Weimarer Zeit hatte sich die Hamburger Politik und Verwaltung um eine Anpassung der politischen Grenzen bemüht, war dabei aber am preußischen Nachbarn und dem Föderalismus gescheitert.

Zu einer Wende kam es erst nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Dieses lag zum einen an der Doppelfunktion Hermann Görings als preußischer Ministerpräsident und Beauftragter für den Vierjahresplan. Dieses führte dazu, dass sich der Landesfürst Preußens nicht auf das Betreiben preußischer Kirchturmpolitik beschränken konnte, sondern aus ureigenstem Interesse auch die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft im Auge haben musste. Insofern musste es auch ihm ein Dorn im Auge sein, dass der Wirtschaftsgroßraum Hamburg durch die politische preußisch-hamburgische Grenze gespalten wurde.

Erleichtert wurde die Grenzverschiebung zudem durch den Zentralismus des Dritten Reiches, dem zufolge die übergeordneten Reichsinteressen Vorrang zu haben hatten vor den Partikularinteressen der Reichsländer. Nach dem Wechsel vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich und der Umwandlung vom Kaiserreich zur Republik bewirkte die NS-Machtergreifung weitere Zentralisierungsschübe in Deutschland.

Und die Spitze dieses Zentralstaates stand in der Person Adolf Hitlers auch hinter dem Groß-Hamburg-Projekt. Wie es dazu kam, beschreibt Hamburgs Bürgermeister Carl Vincent Krogmann: „Eine Wende erfolgte, als Hitler die Modelle für die Hochbrücke und eine Landeanlage für Überseefahrgastschiffe vorgeführt wurden, die in der Nähe der Altonaer Grenze gebaut werden sollten. Hitler fragte, warum die Landeanlage nicht weiter westlich geplant sei. Ich erwiderte, das sei Altonaer Gebiet, darüber könne Hamburg nicht verfügen. So dürfen wir nicht denken, entgegnete Hitler, die Trennung von Altona und Hamburg sei ein Unsinn.“ Anderswo heißt es, dass Hitler die Unsinnigkeit der Trennung von Altona und Hamburg bewusst wurde, als er bei einer Fahrt auf dem Ausflugsschiff „Jan Molsen“ vom Hafen aus elbabwärts sich selber ein Bild davon machen konnte, wie sehr das preußische Altona und das selbstständige Hamburg mittlerweile zu einer Einheit verwachsen waren.

Es ist bezeichnend für den damals erreichten Stand der Zentralisierung in Deutschland, dass die preußisch-hamburgische Grenzveränderung nicht etwa durch ein preußisch-hamburgisches, sondern durch ein Reichsgesetz geschah. Unterschrieben wurde es von Hitler sowie dem Reichsinnen- und dem Reichsfinanzminister. Als vierte Unterschrift trug es zwar die des preußischen Ministerpräsidenten, aber in dessen Eigenschaft als Beauftragter für den Vierjahresplan.

Hamburgs Arrondierung durch das Groß-Hamburg-Gesetz führte zur Eingemeindung seiner bis dahin preußischen Nachbarstädte Altona, Harburg und Wandsbek sowie von 27 Gemeinden. Allerdings wurde auch vormals hamburgisches Territorium nun preußisch. Zu nennen ist hier vor allem Hamburgs alte Exklave an der Elbemündung Cuxhaven. Im Saldo vergrößerte sich Hamburgs Fläche von 415 auf 745 Quadratkilometer und die Einwohnerzahl stieg von 1,19 Millionen auf 1,68 Millionen.

Wie der Titel des dieser Arrondierung zugrunde liegenden Gesetzes bereits erahnen lässt, betraf es auch andere Gebietsbereinigungen. Das Ziel war es dabei insbesondere, historisch gewachsene, aber verwaltungstechnisch widersinnige Exklaven im norddeutschen Raum zu beseitigen. Der Artikel II über „andere Gebietsvereinigungen“ betraf außer Preußen auch die Flächenländer Mecklenburg und Oldenburg, begann aber mit einer Regelung bezüglich der Freien und Hansestadt Lübeck. Die einstige Königin der Hanse verlor ihre Reichsunmittelbarkeit. Sie wurde der preußischen Provinz Schleswig-Holstein zugeschlagen.

Heute sind die NS-Herrschaft und ihr Zentralismus ebenso Geschichte wie der preußische Staat, aber maßgebliche Bestimmungen des in der NS-Zeit beschlossenen und vor 75 Jahren in Kraft getretenen Groß-Hamburg-Gesetzes haben bis heute Bestand. Hamburg hat im Wesentlichen immer noch die durch das Groß-Hamburg-Gesetz erhaltenen Grenzen. Und Lübeck ist immer noch nicht nur geografisch, sondern auch politisch Bestandteil Schleswig-Holsteins.  Manuel Ruoff


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