19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.04.12 / Zu wenig zum Leben / Im Schatten des Jobwunders: 130000 Berliner sind Geringverdiener

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-12 vom 07. April 2012

Zu wenig zum Leben
Im Schatten des Jobwunders: 130000 Berliner sind Geringverdiener

Rund 130000 Berliner sind sogenannte Geringverdiener. Als solcher gilt, wer für eine Vollzeitstelle weniger als 1400 Euro Monatsbrutto verdient. Zudem sind 68000 Hauptstädter inzwischen auf zwei Stellen angewiesen, um auszukommen. All das zeigen neue Zahlen der Agentur für Arbeit.

Die Zahl der Arbeitslosen in Berlin geht zwar seit Jahren zurück, darin sind sich Politiker wie Statistiker einig. Zugleich entstehen aber zu wenig Vollzeitstellen mit angemessener Bezahlung, das legen zumindest neueste Zahlen nahe.

Laut Agentur für Arbeit müssen demnach 74000 Beschäftigte in der Stadt mit sogenannten „sittenwidrigen“ Löhnen auskommen. Als „sittenwidrig“ gilt ein Gehalt, wenn für eine Vollzeitstelle weniger als 1100 Euro brutto im Monat gezahlt werden.

Trotz Arbeit verdienen die Betroffenen so nicht mehr als Empfänger von Hartz IV. Letztere erhalten zusätzlich zur Grundpauschale von in der Regel 374 Euro auch andere Kosten wie Miete und Krankenversicherung bezahlt. Obwohl sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Hauptstadt allgemein zugenommen hat, wuchsen Teilzeitbeschäftigung, Minijobs, Leiharbeit und befristete Projektarbeit auch erheblich mit. Sie tragen somit zur Entwick­lung prekärer Beschäftigung bei.

Vor allem die Linkspartei habe sich in der rot-roten Koalition zu sehr auf öffentliche Beschäftigung konzentriert, ätzten nun die Grünen. Im Bereich der Langzeiterwerbslosigkeit weist Berlin ungeachtet bisheriger politischer Erfolgsmeldungen ohnehin bundesweit nach wie vor die meisten Betroffenen auf.

Das aktuelle Eintreten der Berliner SPD für Mindestlöhne erhält so einen fahlen Beigeschmack: Gab es 2003 schon 140000 Menschen mit einem sogenannten 400-Euro-Job, kletterte deren Zahl unter Rot-Rot auf 215000 im vergangenen Jahr. Angesichts der neuen Zahlen fordert die Opposition im Abgeordnetenhaus, allen voran die Grünen, nun umso eindringlicher die Einführung eines Mindestlohns.

Doch der gefährdet nicht nur den schwarz-roten Koalitionsfrieden im Senat, sondern steigert entsprechend den Erfahrungen aus Frankreich auch die Jugendarbeitslosigkeit – Gift für Berlins soziale Brennpunkte. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach sich Anfang März daher gegen Mindestlohn und damit gegen die Mehrheit seiner Fraktion aus. SV


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren