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07.04.12 / Schatz der Bürger im Visier / Die Türkei will an das Gold ihrer Bürger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-12 vom 07. April 2012

Schatz der Bürger im Visier
Die Türkei will an das Gold ihrer Bürger

Geht es um den Schutz vor Geldentwertung, dann setzen viele Türken traditionell auf Gold als Wertspeicher. Ablesbar ist dies unter anderem an den Zahlen zum weltweiten Goldabsatz, die vom World Gold Council regelmäßig veröffentlicht werden. Weltweit lag die Türkei im Jahr 2011 mit einer Netto-Goldnachfrage von 144,2 Tonnen im weltweiten Vergleich auf einem der vorderen Plätze. Nur in China, Indien, den USA und Deutschland war die Nachfrage nach Gold größer als auf dem türkischen Markt.

Bei einer nur geringen Eigenförderung wird die Goldeinfuhr angesichts eines ohnehin chronischen Außenhandelsdefizits allerdings immer mehr zum Problem. Geht es nach Plänen der Türkischen Zentralbank, dann soll der Hang vieler Türken zum Gold nun allerdings sogar zur Lösung eines anderen immer drängenderen Problems werden: der geringen türkischen Sparquote. Die beträgt nur noch etwa 13 Prozent und ist damit auf den tiefsten Stand seit 30 Jahren abgesunken. Gleichzeitig beginnen ausländische Kreditgeber damit, sich immer stärker zurückzuziehen.

Kaum verwunderlich ist, dass der Goldbesitz in Privathand bei Regierung und Zentralbank nun Begehrlichkeiten weckt. Während die Zentralbank selbst nur Gold im Wert von elf Milliarden Dollar und die Geschäftsbanken im Wert von 8,7 Milliarden Dollar in den Bilanzen haben, gehen Schätzungen der türkischen Goldraffinerie Istanbul Altin Rafinerisi (IAR) davon aus, dass in den türkischen Privathaushalten 5000 Tonnen Gold im Wert von etwa 290 Milliarden Dollar vorhanden sind.

Diese privaten Bestände sollen nun durch einen Vorschlag des Zentralbankchefs Erdem Basci dem Staat verfügbar gemacht werden. Der Plan sieht folgendermaßen aus: Die privaten Goldbesitzer liefern bei den Banken des Landes ihr Gold ab und erhalten dafür verzinste Zertifikate. Die unausgesprochene Konsequenz dieser Maßnahmen zur „Erhöhung der türkischen Sparquote“ ist, dass die Banken mit dem Gold als Einlage wiederum in der Lage sind, ihre Kreditvergabe hochzufahren. Zumindest vorübergehend ließe sich so das Defizit im Staatshaushalt als auch im Außenhandel – inzwischen hat die Türkei das höchste Leistungsbilanzdefizit aller G-20-Staaten – abdecken. Zumindest wenn der Plan aufgeht. Fraglich ist nämlich, ob der Vorschlag der verzinsten Goldzertifikate – bei denen es sich de facto nur um eine Kreditgewährung durch die Goldbesitzer an die Banken im Gegenzug zu einem Versprechen in Papierform handelt – bei der türkischen Bevölkerung ankommt. Dreistellige Inflationsraten bei der türkischen Lira liegen zwar einige Zeit zurück, allerdings ist auch eine Teuerungsrate von aktuell zehn Prozent kein Anreiz dafür, Gold in wertloser werdendes Papiergeld umzutauschen. Die Entwicklung sieht gegenteilig aus. 2011 haben sich die türkischen Goldeinfuhren mit etwa 80 Tonnen gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Der Vorschlag, privaten Goldbesitz nun bei den Banken abzuliefern, könnte das Misstrauen vieler Türken hinsichtlich der wahren wirtschaftlichen Lage des Landes erst noch wecken. N.H.


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