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07.04.12 / Von Kronstadt in die Exklave

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-12 vom 07. April 2012

Von Kronstadt in die Exklave

Mag der Rotstift in den restlichen Streitkräften der Russischen Föderation auch wüten, „Baltflot“, Russlands Seestreitkräfte in der Ostsee, rüstet auf. Ihr Zentrum wird bis 2020 von Kronstadt ins Königsberger Gebiet verlegt. Das beginnt mit der Überführung der U-Boote nach Pillau [Baltijsk], wo man schon fleißig an der Hafenvertiefung arbeitet. In Pillau und in Neuhausen [Lugowoe] entstehen zwei neue „Militärstädte“; Flottenhospital, Mi­li­tär­schulen und Stäbe bleiben in Königsberg. Die Start- und Lande­bahn des Militärflughafens Tannenwalde [Tschkalowsk] wird auf 3500 Meter verlängert, damit Schwertransporter wie die russische Antonow An-124 „Ruslan“ oder der westliche Airbus ihn anfliegen können.

Das alles missfällt den Königsbergern gründlich, welche die Rabauken der Baltflot, die ständig Flurschaden anrichten, noch nie ausstehen konnten. Seit Ende vorletzten Jahres besteht ein offener Konflikt mit dem Marine-Inge­nieurs­dienst unter Oberst Oleg Pawlow, weil dieser auf den Truppenübungsplätzen der Region bis zum diesjährigen Frühjahr täglich 100 Tonnen ausrangierte Munition sprengen wollte. Das veranlasste Einwohner von Friedland [Prawdinsk] zu wütenden Protesten, die mühsam besänftigt oder von anderem Ärger überdeckt wurden. Alljährlich gibt es Lebensmittelvergiftungen oder Epidemien unter den Soldaten, die Korruption unter höchsten Offizieren bis hin zum Bauchef Igor Dowgopol oder dem Militärstaatsanwalt Wladimir Puschkar füllt Aktenbände.

Mit Unruhe verbunden sind stets die Einberufungen der Wehrpflichtigen im Frühjahr und Herbst. Mit den Rekruten rücken auch die „Komitees der Soldatenmütter Russlands“ an, die von der resoluten Alla Wlasowa, „soldatskaja Mama“ genannt, geleitet werden. Sie visitieren Kasernen, probieren das Essen und berichten danach den Eltern der Soldaten. Vor den Müttern hat Baltflot mehr Angst als vor möglichen „Feinden“, sagt ihr Informations- und Wachdienst.

Dabei steht Baltflot in dem Ruf, den in ihr Dienenden solides Rüstzeug für „Berufs- und Leitungstätigkeit“ zu vermitteln. Der Beweis ist „Awtotor“ in Königsberg, das 1996 gegründete riesige Werk für die Personenkraftwagenproduktion im Auftrag von BMW, Kia, Chevrolet und anderen Westfirmen. Ende 2011 waren von 3100 Beschäftigten 1200 ehemalige Baltflot-Mariner, darunter 320 Stabsoffiziere und drei Generäle. In den nächsten zehn Jahren will „Awtotor“ 20000 Arbeitsplätze schaffen. Die werden vor allem mit Baltflot-Leuten besetzt, haben der Oberkommandierende der Baltflot, Vizeadmiral Viktor Tschirkow und der Chef von Awtotor, Wladimir Kriwtschenko, Ende vergangenen Jahres vertraglich vereinbart. Wolf Oschlies


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