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14.04.12 / Furcht vorm großen Bruder / Hongkong: Die Probleme der Metropole am Gelben Meer häufen sich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Furcht vorm großen Bruder
Hongkong: Die Probleme der Metropole am Gelben Meer häufen sich

Leung Chun-ying, 57-jähriger Immobilien-Millionär und Mitte März zum neuen Mann an der Spitze der Hongkonger Verwaltung gewählt, tritt kein leichtes Erbe an. Gegenwärtig tourt er beinahe täglich durch die Stadtviertel der Megacity, um bei der Bevölkerung um Sympathien zu werben. Doch bei vielen gilt er als Mann Pekings.

Seine Spitznamen „König der arbeitenden Klasse“ und „der Wolf“ verdankt der Bauunternehmer seiner Herkunft und einem vollmundigen Versprechen zum Wohl des Mannes von der Straße: Der Sohn eines einfachen Polizisten hatte vor Jahren angekündigt, dem dramatischen Mangel an bezahlbaren Bleiben mit dem Bau von 80000 preiswerten Einheiten abzuhelfen. Bislang blieb es ein Versprechen und Hongkong führt nach wie vor die weltweite Rangliste der teuersten Wohnimmobilien an.

Tausende empörte Bürger hatten am Wahltag gegen den Kandidaten Pekings protestiert und wurden mit Pfefferspray vertrieben. Auch in den ersten Apriltagen demonstrierten wieder etwa 15000, betitelten ihn als „Vasall Pekings“ und forderten seinen Rücktritt. Die Demonstrationen galten nicht nur ihm, sondern vor allem dem Wahlverfahren, bei dem Volkes Stimme nicht gefragt war, sondern eine undemokratisch bestimmte Wahlkommission von 1200 Elitebürgern, die auch aus Pekinger Funktionärskreisen stammten, über die Führung der sieben Millionen Einwohner entschied. „Wir wollen die volle Demokratie“, skandierten sie.

Leung Chun-ying jedenfalls tritt im 15. Jahr nach dem Anschluss an China und nach 150 Jahren Kolonialgeschichte ein problematisches Erbe an: Die Gesellschaft Hongkongs ist gespalten, große Wohnungsnot beherrscht die Dis­kussion, immer wieder versuchen die Machthaber in Peking die garantierte Meinungsfreiheit zu unterlaufen. Hongkongs Normalbürger ist zudem verärgert über den preistreibenden Zuzug reicher Käufer vom Festland und die Überbelegung der Kliniken durch Festlandsfrauen, die ihre Kinder in der semi-autonomen Sonderverwaltungszone zur Welt bringen wollen, weil ihnen dann automatisch der Sonderstatus der Zone zuteil wird.

Hongkong kämpft darum, seine Prosperität als Welt-Finanzplatz zu erhalten. Im benachbarten, ehemals portugiesischen Macau sprudeln allerdings die Einnahmen überreichlich, seit das fern­östliche Spielerparadies US-Investoren angezogen hat. Auch der unabhängige Stadtstaat Singapur schickt sich an, Hongkong wirtschaftlich zu überholen.

Leung kündigte denn auch in seiner „Inthronisierungsrede“ an, er werde die Gesellschaft wiedervereinen und auf diesem Hintergrund mehr Prosperität, mehr Rechtsbewusstsein und eine fortschrittliche Gesellschaft schaffen. Das sogenannte Liaison Office, die Vertretung der Regierung in Peking, sagte dem Millionär seine volle Unterstützung zu. Da er bei der Wahl die großen Wirtschaftsbosse ausstach, steht gegenwärtig allerdings ein Großteil der Wirtschaft nicht hinter ihm. Die Magnaten fürchten, dass sich der neue Mann Pekings mehr den Forderungen der Kommunisten unterwirft, um die nötigen Finanzen auf die Inseln zu holen. Schon 2003 nach den Aderlässen durch Wirtschafts-und Finanzkrisen wurde die sogenannte „Closer Economic Partnership“ mit China unterzeichnet.

Nach wie vor stellt der Tourismus mit einem bunten Nachtleben neben den Finanzdienstleistungen, einem starken Bankensektor mit der Börse (Hang Seng Index als Spiegel der ostasiatischen Konjunktur) und Billigprodukten etwa im Textilbereich einen wesentlichen wirtschaftlichen Faktor dar. Hongkong gilt ungebrochen als eine der liberalsten Marktwirtschaften der Welt, die Konvertibilität des Hongkong-Dollars zur US-Währung hat sich als wesentliche Säule der Wirtschaft erwiesen. Der neu gebaute Flughafen Chek Lap Kok, ein architektonisches Meisterwerk, stärkt die Position als Drehscheibe des Luftverkehrs. Joachim Feyerabend


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