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14.04.12 / Verlässliche Compañeros / Einfluss der kolumbianischen Farc-Guerilla grenzüberschreitend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Verlässliche Compañeros
Einfluss der kolumbianischen Farc-Guerilla grenzüberschreitend

Als Timoleón Jiménez, alias Timochenko, Ende 2011 zum Anführer der kolumbianischen Farc-Guerilla aufstieg, war er zunächst für die meisten eine unbekannte Größe. Erst Anfang dieses Jahres erfuhr die Öffentlichkeit, welche Rolle er bereits zuvor als Mitglied des „Secretariado“ genannten Führungszirkels von Lateinamerikas bedeutendster Rebellen-Organisation spielte.

Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern, dem legendären „Tirofijo“ und dessen im November 2011 getöteten Nachfolger Alfonso Cano, signalisiert Timochenko in bis dato ungekannt moderater Wortwahl sein Interesse an einem Dialog mit der Regierung von Juan Manuel Santos. Diese wiederum lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass man sich nur dann an den Verhandlungstisch begeben werde, wenn die Kamp­fhandlungen umgehend eingestellt und alle Geiseln ihre Freiheit wiedererlangen würden.

Der Farc-Einflussbereich ist grenzüberschreitend und mit Iván Márquez unterhalten deren Kämpfer sogar einen Vertreter auf venezolanischem Hoheitsgebiet. Zudem verbindet Timochenko ein freundschaftliches Einvernehmen mit dem Venezolaner Henry Rangel. Venezuelas Präsident Hugo Chávez weiß mit Rangel einen ihm ergebenen, verlässlichen Compañero an seiner Seite, seit dieser mit seinem Idol bei dessen fehlgeschlagenem Staatsstreich 1992 im Gefängnis einsaß.

Beim ersten Zusammentreffen mit Timochenko im März 2005 fungierte Rangel noch als Vizeminister für Wohnungsbau, verdiente sich weitere Meriten bei der politischen Polizei (Disip) im Rang eines Coronel (Oberst), bevor der kürzlich zum General beförderte treue Gefolgsmann das Verteidigungsressort übernahm. Sein Verständnis von unbedingter Loyalität gegenüber Chávez’ Bolivianischer Revolution manifestiert sich in der Ankündigung, bei den am 7. Oktober anstehenden Wahlen, werde er „eine Übernahme der Regierung durch die Opposition nicht dulden“.

Inzwischen hat Rangel die Achse Chávez–Farc fest etabliert. Davon profitieren die Farc-Guerilleros in mehrerlei Hinsicht. So erhalten sie aus Caracas großzügig auf vier und sechs Jahre ausgelegte Darlehen in Höhe von 300 Millionen US-Dollar. Der venezolanische Waffenbruder beweist darüber hinaus bolivianische Solidarität: So erreichen einige Container voller Waffen russischer Provenienz ihre seit einem halben Jahrhundert im Daueraufstand befindlichen kolumbianischen Gesinnungsgenossen im Zuge eines wenig orthodoxen diskreten Grenzverkehrs.

An Bogotás Hochschule Universidad Nacional lehrt ein mit dem Thema Farc befasster und außerordentlich versierter Historiker, Professor Medófilo Medina. In einer in der Zeitung „Voz“ publizierten Antwort an ihn erfuhren die Kolumbianer von Timochenko, dass er fortan nicht mehr beabsichtige, den Staatsapparat durch einen Sieg über das Militär zu erobern, vielmehr verstehe man sich als eine soziale Bewegung, welche für die Interessen der Benachteiligten eintreten wolle.           Michael Johnschwager


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