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14.04.12 / Polen fletscht die Zähne / Warschau will mehr Unterstützung von der EU gegen Russland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Polen fletscht die Zähne
Warschau will mehr Unterstützung von der EU gegen Russland

Ein regelrechtes „Horror-Szenario“ hat Polens Außenminister Radosław Sikorski von der Platforma Obywatelska (Bürgerplattform) bei einer Rede vor Abgeordneten des Sejm am 29. März entworfen. Während Italiens Regierungschef Mario Monti verkündet, in der Euro-Krise sei das Schlimmste überstanden und Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker öffentlich verbreitet, der Euro werde ewig Bestand haben, sieht Sikorski schwarz. Die EU zerfällt, die USA wenden sich von der Nato ab und Polen bleibt gegenüber Russland auf sich allein gestellt: so seine Befürchtungen vor den polnischen Abgeordneten. Bereits jetzt sei erkennbar, dass die USA sich immer stärker auf die Pazifik-Region orientieren würden. Auch in der EU würde sich nach Ansicht Sikorskis zunehmend nationaler Egoismus breitmachen. Als mögliche Folgen sieht Sikorski die Gefahr, dass offene Grenzen und Arbeitsmärkte zukünftig wieder abgeschottet werden und weniger Geld in den EU-Haushalt fließt. Einrichtungen wie der Gemeinsame Außenpolitische Dienst könnten dadurch vor dem Scheitern stehen.

Zur Entspannung des polnisch-russischen Verhältnisses dürfte Sikorskis Auftritt im Sejm keinen Beitrag geleistet haben. Relativ unverblümt bezeichnete der Außenminister es als Aufgabe höchster Priorität, die Ukraine der russischen Einfluss-Sphäre zu entziehen. Ebenso offenherzig Sikorskis verbale Attacke auf London: Er sei enttäuscht von der ablehnenden britischen Haltung gegenüber einer gemeinsamen EU-Verteidigungspolitik. Sein Vorschlag: Die übrigen EU-Länder sollten die Möglichkeit des Lissabon-Vertrages nutzen, dass auf umstrittenen Politikfeldern eine Gruppe von EU-Ländern eine weitergehende Integration vereinbart, während andere Länder sich enthalten.

Dass Sikorski gerade in Bezug auf die Verteidigungspolitik auf diese Option hinweist, ist kaum ein Zufall. Polen liegt unterhalb einer wichtigen Marke, die in der Nato als Ziel ausgegeben wurde: Zwei Prozent der Wirtschaftsleistung sollen eigentlich für Verteidigung aufgewendet werden. Polen liegt lediglich bei 1,9 Prozent. Angesichts des polnischen Versuchs, außenpolitisch immer stärker aufzutrumpfen, ist dies ein recht magerer Wert. Ausweg könnte für Polen die Mobilisierung der militärischen Ressourcen anderer Länder über den Umweg „Gemeinsame EU-Verteidigungspolitik“ sein. Der Weg dahin ist allerdings – selbst ohne britischem Beharren auf verteidigungspolitische Souveränität – schwierig genug. Neben Großbritannien mit 2,7 Prozent der Wirtschaftsleistung gibt nur noch das bankrotte Griechenland mit 2,9 Prozent seiner Wirtschaftsleistung ähnlich viel aus.

Bei seinem relativ undiplomatischen „Rundumschlag“ vor den Sejm-Abgeordneten konnte sich Sikorski selbst einen rhetorischen Seitenhieb auf Frankreich nicht verkneifen. Frankreich beginne, Polens starken Beitrag bei der Führung Europas anzuerkennen. Der Angriff auf den französischen Führungsanspruch in der EU dürfte in Paris ebenso wenig auf Gegenliebe gestoßen sein wie Sikorskis genüsslich vorgebrachter Hinweis, dass die Kosten für fünfjährige polnische Staatsanleihen mittlerweile niedriger seien als die französischer Papiere gleicher Laufzeit.            Norman Hanert


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