29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.04.12 / Gefahr für den Industriestandort D / Öl wird auch teurer, weil es knapper wird: Bundesregierung erkennt den Ernst der Lage nicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Gefahr für den Industriestandort D
Öl wird auch teurer, weil es knapper wird: Bundesregierung erkennt den Ernst der Lage nicht

In Ländern wie den USA, Großbritannien und Frankreich erhofft man sich von der Freigabe der nationalen strategischen Reserven ein Sinken der Ölpreise. Die Wirkung könnte sich allerdings als kurzfristiges Strohfeuer entpuppen. Die Zeiten, in denen Öl billig zu fördern war, sind vorbei. Doch was bedeutet das für Deutschland?

Legt man nur die reinen Fördermengen zugrunde, dann scheint es für den aktuell hohen Ölpreis keinen Grund zu geben. Laut Internationaler Energiebehörde (IEA) werden aktuell täglich rund 90 Millionen Fass (je 159 Liter) Öl gefördert. Die Opec geht von einem täglichen Weltbedarf von durchschnittlich 89 Millionen Fass aus. Trotzdem ist der Preis zwischenzeitlich auf 128,4 Dollar gestiegen. Selbst ein Erreichen des Hochs von 2008 mit 147 Dollar scheint zu drohen. Angesichts des ausreichenden Angebots an Öl werden aktuell vor allem zwei Ursachen für die gestiegenen Ölpreise gesehen. Die Gelddruckerei der Zentralbanken  FED und EZB hat nicht nur so manche marode Bank bisher vor dem Zusammenbruch bewahrt, sondern auch das Spekulationsfieber angeheizt. Zum anderen wird in der zweiten Jahreshälfte damit gerechnet, dass das bereits beschlossene Embargo gegen den Iran greifen wird und iranisches Öl nicht mehr ohne weiteres auf den Weltmarkt gelangt.

Eine Eskalation des Iran-Konflikts mit Ölpreisen von 150  bis 200 Dollar je Fass liegt weiterhin in der Luft. Für ein derartiges Preisniveau wäre nicht einmal der Ausbruch eines Krieges nötig. Bereits die Zuspitzung der Lage in der Straße von Hormuz würde dazu führen, dass Öltanker für diesen Seeweg nicht mehr versicherbar wären, so dass der Öltransport durch dieses wichtige Nadelöhr zum Erliegen kommen würde.

Aber selbst ohne derartige Entwicklungen dürften die Zeiten dauerhaft niedriger Ölpreise vorbei sein. Ursache ist eine Entwicklung, die lange Zeit als Gefahr für die Zukunft als zunächst noch irrelevant abgetan wurde: das Erreichen des weltweiten Öl-Fördermaximums.

Dass auch Organisationen wie die Internationale Energiebehörde die Problematik Öl-Fördermaximum inzwischen ernster nehmen als früher, hat unter anderem auch mit früher abgegebenen Preis-Prognosen zu tun, die sich inzwischen als komplett verfehlt herausgestellt haben. Noch im Jahr 2000 waren von der IEA, diversen Investmentbanken und Forschungsinstituten für das Jahr 2010 Ölpreise im Korridor von 18 bis 22 Dollar vorhergesagt worden. Tatsächlich betrug der durchschnittliche Ölpreis 77,21 Dollar je Fass. Diese Fehleinschätzung um mehrere 100 Prozent hat dazu geführt, dass sich inzwischen auch die IEA ernsthafter mit der Realität abnehmender Ölreserven und steigender Förderkosten beschäftigt. Die IEA geht mittlerweile davon aus, dass das Maximum bei der Förderung konventioneller Ölvorkommen bereits im Jahr 2006 erreicht worden ist, das Erreichen des Gesamt-Fördermaximums an Öl, das auch die unkonventionellen Ölvorkommen umfasst, wird von der IEA für das Jahr 2020 erwartet.

Im Rückblick fällt bereits seit dem Jahr 2005 auf, dass global Bedarf und Förderung bei Öl  immer stärker auseinanderdriften. Geschlossen wird die Lücke durch Ölförderung aus sogenannten nicht konventionellen Vorkommen wie etwa Ölsanden und Ölschiefer. Diese Vorkommen haben nicht nur eine geringere Energiedichte, zur Förderung  wird auch selbst eine erhebliche Energiemenge benötigt. Konnten in den 30er Jahren etwa in Texas wegen der leichteren Erreichbarkeit noch 100 Liter Öl mit der Energiemenge eines Liters Öl gefördert werden, wird bei kanadischen Teerölen inzwischen die Energiemenge eines Liters Öl benötigt, um vier Liter Öl zu gewinnen. Die Bedeutung solcher teuer zu fördernder Vorkommen wird allerdings immer größer. Nach Ansicht der IAE wird bis 2030 die Förderung aus konventionellen Ölvorkommen auf 68 Millionen Fass täglich absinken. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Weltverbrauch bei den aktuell erreichten 89 Millionen Fass täglich stagniert, würde sich ein Bedarf an Öl aus unkonventionellen Vorkommen von etwa 20 Millionen Fass täglich ergeben. Geht man von dem realistischen Szenario aus, dass der weltweite Verbrauch etwa in China und Indien weiter ansteigt, dann wird das Potenzial für zukünftige Preissteigerungen deutlich.

Im Gegensatz zu den USA, wo sich Politiker, Pentagon und CIA bereits sehr intensiv mit der Problematik „globales Fördermaximum“ beschäftigen, wird die Brisanz des Vorgangs in der Bundesrepublik bisher kaum erkannt. Welche Auswirkungen es hätte, wenn beispielsweise der Ölpreis schon ab dem Jahr 2016 dauerhaft über der Marke von 200 Dollar bleibt oder wenn im Extremfall ab 2035 kein Öl mehr auf dem Weltmarkt zur Verfügung steht, ist bisher nur bei einigen Industrieunternehmen, aber nicht bei der Bundesregierung, den Ländern oder Kommunen ein Thema. Lediglich der Sächsische Landtag und die Bundeswehr haben sich bisher mit der Problematik der weltweit schwindenden billigen Ölreserven befasst, die das Potenzial hat, Deutschland nicht nur als Industriestandort in Frage zu stellen, sondern auch geopolitische Folgen bis hin zu Ressourcen-Kriegen haben kann. Norman Hanert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren