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14.04.12 / Versicherer proben Aufstand / Geplante Risikovorsorge gefährdet Standort Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Versicherer proben Aufstand
Geplante Risikovorsorge gefährdet Standort Europa

Schon ab 2013 sollen in der EU neue Regelungen für die Risikovorsorge der Versicherungswirtschaft, die sogenannte Solvency-II-Regelung, gelten. Die genauen Bestimmungen sind noch nicht verabschiedet, Europas Versicherungsbranche bereitet allerdings bereits ihre Reaktion vor. So hat der weltweit drittgrößte Rück-versicherer, die Hannover Rück, mittlerweile seine Rechtsform geändert. Statt als deutsche Aktiengesellschaft will das Unternehmen zukünftig als eine europäische „Societas Europaea“ (SE) firmieren. Welche Absicht hinter dem Schritt steht, machte Konzernchef Ulrich Wallin deutlich: „Die Rechtsform der SE ermöglicht es uns, den Sitz innerhalb der EU zu verlegen.“

Solche Überlegungen sind momentan kein Einzelfall. In der gesamten Versicherungsbranche spielen Überlegungen zur Firmenverlagerung als Vorbereitung auf „Solvency II“ eine Rolle. Ob der ursprüngliche Zeitplan – Einführung der neuen Regelungen im Jahr 2013 und nach einem Übergangsjahr volle Anwendung ab 2014 – eingehalten werden kann, ist momentan noch nicht einmal geklärt. Ebenso ist offen, wie die  Aufsichtsregeln endgültig aussehen werden und vor allem, wie streng die jeweilige nationale Umsetzung erfolgen wird.

Von der Hannover Rück wird eine Benachteiligung durch eine zwangsweise Risiko-Vorsorge nach dem sogenannten Gruppenmodell befürchtet. Als Tochtergesellschaft der HDI wäre die Hannover Rück gezwungen, sich dem Vorsorgemodell der Muttergesellschaft anzuschließen. Der Wunsch, ein firmeneigenes Modell zu nutzen, wäre nach aktuellem Stand zwar in einigen anderen EU-Ländern, aber nicht in Deutschland möglich. Ein Umzug innerhalb der EU würde diese Wahlmöglichkeit herstellen.

Noch weiter gehen die Überlegungen beim britischen Versicherer Prudential. Nach 160 Jahren am Finanzplatz London macht man ein Verbleiben nicht nur am Standort, sondern überhaupt in der EU davon abhängig, wie die neuen Solvency-II-Regelungen am Ende ausfallen werden. Prudential befürchtet, dass man wegen zu strenger Auflagen auf Märkten außerhalb der EU der Konkurrenz nicht mehr gewachsen ist. Anlass der Befürchtung: Die EU-Versicherungsgesellschaften sollen auch mit ihren Auslands-Töchtern den Solvency-II-Regelungen unterworfen werden. Nicht nur Prudential fürchtet so Nachteile gegenüber der asiatischen und nordamerikanischen Konkurrenz. Da mittlerweile die Hälfte des Geschäfts auf Asien entfällt, ist ein kompletter Umzug Prudentials nach Hongkong im Gespräch.

Inzwischen hat die Versicherungsbranche hochkarätige

Rückendeckung erhalten. Bedenken gibt es nicht nur bei der deutschen Finanzaufsicht Bafin, sondern auch bei der Bank of England. Ein Vertreter der Zentralbank warnt nicht nur vor hohen Kosten bei der Umsetzung der Regelungen, sondern auch davor, dass sie zu kompliziert sein werden. Für die Versicherungsbranche könnte sich damit das wiederholen, was schon bei der Basel-II-Regelung für europäische Banken zu beobachten war: Ein enormer Aufwand bei der Umsetzung, während die US-Konkurrenz die Umsetzung auf die lange Bank schieben konnte. N.H.


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