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14.04.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-12 vom 14. April 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Zweckgebunden / Wie wir die nächste Steuer begründen, wie die Schweiz uns dabei stört, und warum wir unsere Grenzen sichern müssen

Betreuungsgeld, Pendlerpauschale ... worüber streiten die sich eigentlich nicht? Es nervt, zumal man kaum noch erkennen kann, wer in der Koalition eigentlich mit wem ringt und welche Truppe auf welcher Seite steht. Es mutet an wie eine Schlacht, in der alle Feldtelefone ausgefallen sind, die Strategen hilflos auf ihren Kommandohügeln herumfuchteln und unten im Getümmel jeder auf jeden schießt.

Da tröstet es, dass wir wenigstens ein Thema losgeworden sind. Nachdem die FDP für die Forderung nach Steuersenkungen beinahe ihr Leben gelassen hätte, fasst das Zeug keiner mehr an. Wenn doch noch irgendwo ein leises Surren zu vernehmen ist, hat Wolfgang Schäuble sofort die Fliegenklatsche zur Hand und – zack! Energiesteuer senken, um die gerupften Autofahrer zu entlasten? Die Idee hat kaum eine Sekunde überlebt, bis Schäubles Klatsche kam.

Dafür können wir uns endlich wieder einer Beschäftigung widmen, der sich Politiker ohnehin viel lieber hingeben, weil sie ihre Phantasie aufs Allerbunteste sprießen lässt: Steuererhöhungen.

Da fällt den Parteien alles Mögliche ein, nicht bloß den üblichen Verdächtigen wie Grünen und Sozialdemokraten. Aus der Union blinzelt uns die Idee einer „Demographiesteuer“ entgegen. Um von vornherein den – zweifellos unbegründeten – Verdacht auszuräumen, da werde wieder nur abkassiert, begleiten die Protagonisten ihren neuesten Einfall mit den allerheiligsten Schwüren: Selbstverständlich werde die  Steuer nur streng zweckgebunden verwendet, um uns auf die Folgen der Überalterung vorzubereiten.

Aha, endlich wird hier mal in Jahrzehnten gedacht, und nicht immer bloß von einem Wahlkampf zum nächsten. Deshalb können wir bei der Demographiesteuer auch sicher sein, dass die Einnahmen daraus niemals für kurzfristige Wahlgeschenke verplempert werden. Welcher Politiker denkt beim Geldausgeben schon daran, wie viele Prozente er damit kaufen könnte? Ganz abwegig. Denken Sie nur an die Erhöhung der Mineralölsteuer, die nur vollzogen wurde, um unsere Rente sicherer zu machen. Und? Haben die Mehreinnahmen an der Unkalkulierbarkeit der Renten etwas geändert? Nein. Macht aber nichts: Denn jene Steuererhöhung ist glücklicherweise schon so lange her, dass sich an ihre (uneingelöste) Begründung niemand mehr erinnert.

Ähnlich erging es einer Tabaksteuererhöhung, deren Erlöse ausschließlich in den Ausbau der Inneren Sicherheit gehen sollten. Es war kurz nach den Anschlägen vom 11. September. Damals konnte und wollte niemand bestreiten, das gegen den überall lauernden Terror mehr getan werden müsste. Also stellte sich auch niemand gegen die Zusatzsteuer.  Was später aus dem Geld wirklich wurde, ist ebenso egal wie im Falle der vermeintlichen Rentenstabilisierung über die Zapfsäulen. Nun also die „Demographiesteuer“, und wie immer: „Streng zweckgebunden“. Ja, ja.

Verdrießlich stimmen die Schlupflöcher, die sich insbesondere für Wohlhabende auftun, welche der endlosen Folge von „Zweckbindungen“ nicht trauen. Und die überhaupt der Meinung sind, dass ein Staat, der die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung abschöpft und umverteilt, eigentlich schon genug Geld in die Finger bekommt.

Viele der Halunken schleifen ihr Geld heimlich in die Schweiz. Säße die Schweiz nicht zu Hause in den Bergen, dann säße sie bei uns im Knast, weil sie unseren Pfeffersäcken bei der Steuervermeidung hilft. Die Gefahr, die da frech von den Bergen winkt, richtet sich gegen das komplette Konzept künftiger deutscher Steuerpolitik.

Der deutsche Staat ist pleite und hochverschuldet. Daher wird Berlin gar nicht umhin kommen, entweder den Staat drastisch durchzuharken und Kosten zu sparen, was (außer in Wahlprogrammen) niemand will. Oder es müssen immer neue „zweckgebundene“ Einnahmen her – sozial gerecht, versteht sich. Frankreich macht es vor: Dort zielt der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande auf einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent. Hierzulande will man zudem den vielen Vermögenden ans Vermögen, was über Vermögen-, höhere Erbschaft- oder Grundsteuer und allerlei mehr erfolgen dürfte.

Wie überholt die fixe Idee vom Sparen selbst in den angeblich bürgerlichen Parteien inzwischen ist, zeigt uns Norbert Röttgen. Der CDU-Spitzenkandidat in NRW geißelte seine SPD-Gegnerin Hannelore Kraft eben noch als Schuldenluder. Doch mit dem Wahltermin in Sichtweite hört er sich inzwischen genauso an wie sie. Kraft hatte allen Ernstes gesagt: „Die Schulden von heute sind die Einnahmen von morgen.“ Das klang genauso „griechisch“, wie es gemeint war: Freunde, lasst uns Geld ausgeben, das kommt schon irgendwie wieder rein, weil wir mit den vielen Schulden ja lauter tolle Sachen anfangen, die später ganz viel Geld abwerfen.

Röttgen sagt mittlerweile beinahe das Gleiche: „Wir wollen keinen Sparkurs, sondern wir wollen einen soliden Wachstumskurs.“ Also: Nicht sparen, Geld ausgeben. Deshalb sollen auch unter seiner Regentschaft Studium und drittes Kindergartenjahr staatlich finanziert bleiben. Dass Kraft mit ebenjener Füllhornpolitik vor dem Verfassungsgericht gescheitert war, welches ihr einen verfassungswidrigen Haushalt attestiert hatte wegen viel zu hoher Schulden, das interessiert Röttgen nicht mehr.

Um nicht ebenso an den Schranken des Gerichts zu scheitern, müsste Röttgen indes seine Versprechen brechen und doch sparen oder mit Elan an der Steuerschraube drehen. Werden seine Wähler das mögen? Für potenzielle Unionsanhänger ist es zwar nichts Neues mehr, dass es Sozialismus auch in schwarz gibt. Dennoch sieht es nicht danach aus, dass der Bundesumweltminister sie mit seinem fröhlichen Opportunismus überzeugt.

Macht das CDU-Bundeschefin Angela Merkel nicht nervös? Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland, hier zu verlieren, ist keine schöne Angelegenheit. Bekümmert sie das nicht, die Frau Merkel?

Ach nicht doch, die gerissene Strategin denkt immer eine Ecke weiter, und dort sieht die Sache so aus: Eben noch gerierte sich Röttgen als „Hoffnungsträger einer erneuerten CDU“, was in den Ohren von Merkel dröhnte wie „als eine Bedrohung für mich“. Nun wird es immer wahrscheinlicher, dass Röttgen nach krachend verlorener Wahl im Mai geteert und gefedert an Merkels Kabinetts­tisch zurückkriecht, ganz klein und abscheulich zugerichtet. Dann wird sie ihn, nach ein paar spitzen Bemerkungen, voller Huld wieder in ihre Arme schließen, so handlich, wie er dann geworden sein wird.

Dort darf er sich dann gern über neue Steuern und Abgaben Gedanken machen, die die Politik, wie wir festgesellt haben, ja dringend benötigt.

Nur ärgerlich ist da eben, dass nebenan eine Schweiz lauert, die den Vermögenden und Gutverdienenden Zuflucht bietet. Dies setzt den Berliner Steuerphantasien natürliche Grenzen. Hollande hatte sich mit ähnlichen Plänen wie heute schon einmal, 1981, ans Werk gemacht, und damit die französische Wirtschaft ruiniert, weil eine Kapitalflucht einsetzte, welche den französischen Franc an den Rand des Kollaps brachte.

Damit uns das nicht auch passiert, muss Berlin solche Fluchtbewegungen vereiteln. Doch was tun? Die klassisch-sozialistische Lösung (Zaun ziehen, Wachtürme aufstellen) gilt jenseits der Linkspartei inzwischen als anstößig. Zumindest will man aber Zeichen setzen: Die Steuerfahnder, welche die geklauten Schweizer CDs erhehlert haben, mit denen wir die Steuerflüchtlinge dingfest machen konnten, sollen das Bundesverdienstkreuz kriegen, fordern einflussreiche Politiker. Immerhin ein Anfang. Je fester die Steuerschraube gezogen wird, desto mehr werden wir für die Sicherheit unserer Grenzen tun müssen.


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