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21.04.12 / Sinnloser Spardrang / Sinkender Wasserverbrauch gefährdet Infrastruktur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-12 vom 21. April 2012

Sinnloser Spardrang
Sinkender Wasserverbrauch gefährdet Infrastruktur

Deutsche sind Weltmeister im Wassersparen. Seit den 1970er Jahren ging der Wasserverbrauch hierzulande um ein Fünftel von 150 auf 120 Liter pro Einwohner und Tag zurück. Das ist ein im Vergleich zu anderen Industrienationen beispielhaft niedriger Wert, der aber gar nicht so sinnvoll ist, wie viele denken.

Inzwischen ist der Wasserverbrauch so niedrig, dass es einigen Wasserwerken und Abwasserbetrieben mit dem Wassersparen schon Anlagen wurden in Zeiten gebaut, wo mit weiter steigendem Wasserverbrauch gerechnet wurde. Jetzt passt die Infrastruktur nicht mehr zum realen Verbrauch. In jüngster Zeit mussten schon Leitungen und Klärbecken künstlich gespült oder gefüllt werden, damit die Anlagen keinen Schaden erleiden und die mikrobielle Verunreinigung durch „Stagnationswasser“ verhindert wird. Die betroffenen Wasserwerke wälzen nun die dadurch zusätzlich entstandenen Kosten wieder auf den Verbraucher ab, was zu einem höheren Wasserpreis führt. Das ärgert alle diejenigen, die der Umwelt und dem eigenen Portemonnaie zuliebe Wasser gespart haben.

Der zurückgehende Wasserverbrauch hängt aber nicht nur mit der Spartaste zusammen, die heute bei fast jeder Toilettenspülung eingebaut ist. Die Lebensmittelproduktion, die viel Wasser verbraucht, wurde vielfach ins Ausland verlagert. Für die Herstellung von 1000 Kalorien Fleisch rechnen Experten mit einem Wasserbedarf zwischen 4000 und 16000 Litern; bei pflanzlichen Lebensmitteln immerhin noch mit 1000 Litern Wasser für die gleiche Kalorienzahl. In diesem Zusammenhang sprechen Wasserexperten auch vom „virtuellen Wasserbedarf“. Sie rechnen dabei für jedes hierzulande verzehrte Lebensmittel eine entsprechende Wassermenge hoch und behaupten dann, dass das in Deutschland verfügbare Wasser nicht ausreichen würde, um alle Lebensmittel zu produzieren.

Solch eine Rechnung ist in einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft unsinnig. Deutschland leistet insbesondere durch seine weltweit führenden Industrien, die etwa 80 Prozent des Wassers hierzulande verbrauchen, einen bedeutenden Beitrag zur sinnvollen Nutzung dieser Ressource. Im industriell-gewerblichen Bereich wird durch Kreislauf- und Kaskadenführung jeder Tropfen Wasser im Durchschnitt fast sechs Mal genutzt, ein weltweit einzigartiger Wert.

In den neuen Bundesländern ist im Zuge des „Aufbau Ost“ das Wassernetz weit über das Ziel hinausgeschossen. Der bevorstehende demografische Wandel und die Abwanderung der Bevölkerung sowie der Zusammenbruch vieler Industriezweige führten dort zur sogenannten „Fixkostenfalle“. Die teuer in der Erde verlegten und weitverzweigten Wasserleitungen und -werke verursachen hohe stehende Kosten. Je weniger Wasser verbraucht wird, desto höher die Fixkosten. Tröstlich bleibt für alle Wasserverbraucher, dass die tatsächlichen Kosten hierzulande immer noch niedrig sind, obwohl viele Bundesbürger das Gegenteil vermuten. Knapp 50 Cent täglich bezahlt eine Person für den Wasserbezug und die hochwertige Reinigung des Abwassers.       H.E.B.


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