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21.04.12 / Hobby mit goldenem Image / Imker sind als Naturfreunde gesellschaftlich sehr angesehen – Junge Leute interessieren sich vermehrt für die Arbeit mit den Bienen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-12 vom 21. April 2012

Hobby mit goldenem Image
Imker sind als Naturfreunde gesellschaftlich sehr angesehen – Junge Leute interessieren sich vermehrt für die Arbeit mit den Bienen

Tief ist die Biene in unserem Volksgedächtnis verankert. So arbeiten wir mitunter mit „Bienenfleiß“ oder „schwärmen aus wie die Bienen“. Auch der Begriff „Honig“ ist uns von alters her geläufig. Allein 55 Mal kommt er im Alten Testament vor. Dabei weiß die Forschung heute, dass der Honig erstmalig keineswegs in dem Land genossen wurde, „da Milch und Honig fließen“. Bereits vor 10000 Jahren fanden Menschen heraus, dass von einem gesunden Bienenstamm viele Male hintereinander Honig zu gewinnen ist.

Erste Hausbienenhaltungen gab es nach Quellenlage vermutlich um 6000 vor Christus in Dörfern Zentralasiens; die ältesten Wandmalereien mit Bienen und Honig im anatolischen Hochland datieren auf 3000 v. Ch. Daran denkt Michael Hardt in seinem grauweißen Kittel jetzt sicher nicht. Wir befinden uns auf dem Dach seines Gartenhauses in ländlicher Gegend im Stadtteil Wiederitzsch in Leipzigs Norden. Mit zeitlupenlangsamen Bewegungen zieht er zunächst eine Thermofolie über sämtlichen Honigwaben in einem der Wabenkästen ab. Dann lockert er mit seinem Stockspachtel eine verklebte Wabe und zieht sie heraus. „Das ist ja tatsächlich schon neue Brut“, stellt er überrascht fest. Sie ist das Resultat der warmen Tage in der zweiten Märzhälfte.

Mit den Bienen vermehren sich die Imker. So salopp und simpel könnte man den gegenwärtigen Trend zusammenfassen. Und der ist – nach Jahren des Rückgangs beim Nachwuchs – stabil: „Seit 2007 steigen die Mitgliederzahlen in unserem Verband, im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent. Die angebotenen Anfängerkurse werden sehr gut besucht, sind teilweise sogar überbucht“, bilanziert Petra Friedrich, Pressesprecherin beim Deutschen Imkerbund e. V. (D. I. B.). Zum 31. Dezember 2011 gehörten dem Verband 86100 Imker an, die eine Erntemenge von rund 23500 Tonnen Honig produziert haben. Nicht oder anderweitig organisierte Imker hinzugenommen, gebe es in Deutschland zirka 93000 Imker mit einer geschätzten Ernte von 26000 Tonnen Honig. Der Anteil von Frauen beziehungsweise Mädchen liegt „bei sieben Prozent, Tendenz steigend“, so Petra Friedrich. 57,7 Jahre alt sei im Durchschnitt der Imker.

Klar dominierend bei der Ertragsleistung ist der Deutsche Berufs- und Erwerbs-Imker Bund (DBIB), dessen 600 Mitglieder allein die Hälfte der 750000 Bienenvölker in Deutschland halten. Diese Völker produzieren 60 Prozent der jährlichen Honigmenge. Die hierzulande alljährlich erzielte Gesamthonigmenge reicht für den Honighunger der Deutschen bei weitem nicht aus. Wir sind nämlich Weltmeister im Honigverzehr. Mit einem verbrauchten Kilogramm Honig pro Kopf pro Jahr, entsprechend 85000 Tonnen verzehrtem Honig, könnte die Ertragsleistung der Bienen dreieinhalb bis vier Mal so hoch sein. Beinahe 80 Prozent des in Deutschland verkauften Honigs werden aus anderen Ländern eingeführt. Am beliebtesten ist Blütenhonig, gefolgt von Raps- und Waldhonig.

Der Zulauf von Probe- und Jung-imkern erfreut deshalb die Verantwortlichen. Der Leipziger Imker Michael Hardt, erster Vorsitzender des Landesverbandes Sächsischer Imker e. V.: „Früher haben wir auf Märkten und Messen oder im Zoo trotz aufwändiger  Werbung kaum jemanden für die Imkerei gewinnen können. Seit dem Internet kommen Interessenten von sich aus auf uns zu.“ Es seien Naturbegeisterte, darunter auch Studenten der Biologie, oder „Menschen, die eine berufliche Endstufe erreicht haben und eine weitere sinnvolle Aufgabe suchen oder solche, die bereits Berührungspunkte mit Bienen, etwa durch die Eltern, hatten“. EU-Fördermittel speziell für Neueinsteiger locken zusätzlich, seien aber nicht zwingend nötig: „Da rate ich dem Neuen, lieber 100 Euro aus eigener Tasche sofort in ein starkes Bienenvolk zu investieren und spontan loszulegen, anstatt monatelang auf die Bewilligung aus Brüssel zu warten.“ Dass Michael Hardt, der von Beruf Tierarzt ist, mit der Imkerei bereits als Schüler begonnen habe, sei schon damals wie auch heute noch untypisch gewesen: „Es ist eher die Ausnahme, dass Schüler in die Imkerei einsteigen.“

Die Imkerei wird fast ausschließlich als Hobby betrieben, nicht einmal ein Prozent der Imker führt seine Arbeit im Vollerwerb durch. Deshalb richten die Imkerverbände ihre Betreuung durchweg auf Hobbyimker aus. Die Verbände, deren Vereine sowie die in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengefassten Imker-Institute bieten Kurse und Lehrgänge an. Aus Angeboten wie „Königinnenvermehrung“, „Umlarvung“ oder „Die Bienenweide“ ragt der „Fachkundenachweis Honig“ klar heraus. Wer als D. I. B.-Mitglied die Prüfung bestanden hat, darf seinen Honig mit dem Gewährverschluss des Deutschen Imkerbundes versehen und mit dem eingetragenen Warenzeichen „Echter Deutscher Honig“ auf den Markt bringen. Reichtümer seien mit Bienenhonig nicht zu erwerben, so Michael Hardt. „Aber wenn man seine Völker mit der nötigen Erfahrung gesund hält, lässt sich damit ein willkommenes Nebeneinkommen erzielen.“

Unter allen Krankheiten sei die Varroamilbe ein Dauerthema, jedoch hätten sich die Abwehrmaßnahmen 30 Jahre nach ihrem Einwandern erheblich verbessert. Erfreulich sei, dass gentechnisch veränderte Pollen den Bienen nachweislich nichts antun würden. „Uns ist aber klar, dass wir auf Gen-Blütenhonig sitzen bleiben würden. Es ist deshalb wichtig, dass Gen-Honig in den Supermarktregalen weiterhin verboten bleibt.“ Dieses Verbot hatte der Europäische Gerichtshof im vergangenen Herbst ausgesprochen.

Ausgezeichneten Zuspruch findet seit einigen Jahren die Imkerei im Vollberuf. Die geschützte Berufsbezeichnung lautet „Tierwirt, Fachrichtung Bienenhaltung“ oder „Imkerei“. Die Ausbildung setzt mindestens einen Hauptschulabschluss voraus und dauert drei Jahre. Die Lehrlinge dürfen nicht allergisch auf Bienenstiche reagieren und müssen körperlich belastbar sein. Denn im Bienengeschäft ist stets viel zu tragen und zu verfrachten und etliche Arbeiten werden im Stehen erledigt. Geschick und Kreativität sind ebenfalls gefragt. Mit dem Meisterbrief in der Tasche – der Imker darf sich dann „Tierwirtschaftsmeister, Fachrichtung Imkerei“, nennen – wird er die „Innovative Imkerei“ ambitioniert vorantreiben.

Dass Imker in der Bevölkerung einen durchweg guten Ruf genießen, erfüllt Michael Hardt mit Stolz und Zufriedenheit: „Wo immer wir auch auftreten, ob auf Markt, Messe oder bei einer Naturschutzveranstaltung, wir Imker sind stets willkommen. Weil die Menschen mit unserer Tätigkeit Naturschutz und Naturliebe verbinden.“        H.-W. Bertram


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