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28.04.12 / Griff in die Kasse / Griechenlands Eliten betrachten auch jetzt noch den Staatshaushalt als Selbstbedienungsladen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-12 vom 28. April 2012

Griff in die Kasse
Griechenlands Eliten betrachten auch jetzt noch den Staatshaushalt als Selbstbedienungsladen

Kaum sind Umschuldung und weitere Rettungsgelder für Griechenland unter Dach und Fach, greifen die beiden stärksten Parteien des Landes in die Staatskasse. Noch kurz vor der Wahl haben sich Pasok und Nea Dimokratia dank noch vorhandener Mehrheit ein eigenes Wahlgeschenk gemacht. 29 Millionen Euro als unpfändbare Zuschüsse aus der fast leeren Staatskasse, deklariert als Parteienfinanzierung. Aber auch die griechische Zentralbank greift zu.

Obwohl sich die beiden Parteien, die sich abwechselnd seit Jahrzehnten in Griechenland die Macht teilen, mit der selbst genehmigten Subventionierung einen unlauteren Vorteil gegen-über konkurrierenden Parteien verschaffen, wird es zur Wahl am 6. Mai denkbar knapp werden. Die Nea Dimokratia (ND) kommt in den Umfragen auf knapp 19,5 Prozent, die sozialistische Pasok auf gerade einmal 14,5 Prozent. Auf Grundlage des griechischen Wahlrechts wird die stärkste Partei zwar mit einem Bonus von 50 Sitzen im Parlament belohnt – von der Minimalvoraussetzung für diese Begünstigung (36 Prozent der Stimmen) sind aber beide Parteien weit entfernt.

Die offensichtliche Dreistigkeit der politischen Elite in Athen hat inzwischen sogar im EU-Parlament für Empörung gesorgt. In einem Brief an EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barosso stellte der Vorsitzende der Liberalen im Europa-Parlament, Guy Verhofstadt, die Frage, wie es angehen kann, dass die beiden Parteien, die „für die heutige Situation verantwortlich sind, zu Lasten der Steuerzahler staatliche Zuschüsse erhalten“.

In Griechenland könnte die Aktion sich leicht als politischer Bumerang erweisen. Auch der breiteren Öffentlichkeit könnte nun auffallen, welche Schulden Nea Dimokratia und Pasok inzwischen angehäuft haben. 200 Millionen Euro – aufgenommen bei Banken unter Verpfändung zukünftiger Staatszuschüsse. Falls diese Subventionen allerdings wegen eines Machtverlustes ausbleiben sollten, bleibt der schwarze Peter bei den Kredit gebenden Banken hängen.

Für noch größere Überraschungen – auch für die deutschen Steuerzahler – könnte indes noch Griechenlands Zentralbank, die „Bank of Greece“, sorgen. Aktionäre der Notenbank konnten sich unlängst über die Ankündigung einer Gewinnausschüttung von fast 100 Millionen Euro freuen. Ausgezahlt werden soll dieser „Gewinn“, obwohl das Land bisher nur mit Finanzhilfen der internationalen Gemeinschaft und einem Verzicht der Gläubiger über Wasser gehalten werden konnte. Allein das jüngste Rettungspaket für Griechenland belief sich auf über 109 Milliarden Euro – private Gläubiger haben dem Land rund 110 Milliarden Euro Schulden erlassen.

Angesichts dieser Zahlen ist eine Gewinnausschüttung über 96,6 Millionen Euro zwar kaum nachvollziehbar, womöglich aber bald nur eine Lappalie. Nach jetzt veröffentlichten Daten greift die griechische Zentralbank inzwischen auf ein Mittel zurück, das sich schon in Irland besonderer Beliebtheit erfreut hat: der Schöpfung neuer Euros unabhängig von der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Per Liquiditätsnothilfen (Emergency Liquidity Assistance) wurden aus dem Nichts bis Ende Februar 109,9 Milliarden Euro von der „Bank of Greece“ den griechischen Geschäftsbanken zur Verfügung gestellt. Gestoppt werden kann dieses „Gelddrucken“ auf eigene Faust im EZB-Zentralrat nur mit Zweidrittelmehrheit. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ein hoffnungsloses Unterfangen.

Die Deutsche Bundesbank mit einem EZB-Kapitalanteil von fast 19 Prozent verfügt über das gleiche Stimmgewicht wie Griechenlands Zentralbank mit einem Kapitalanteil von 1,96 Prozent. Noch dramatischer ist das Missverhältnis zwischen Macht und Haftungsrisiko im Fall der Zentralbank Zyperns. Mit 0,13 Prozent Kapitalanteil bei der EZB hat Zyperns Notenbank ebenfalls das gleiche Stimmgewicht wie die Bundesbank.

Es ist beileibe nicht der einzige Konstruktionsfehler des Euros, der immer offensichtlicher wird. Die Target2-Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber anderen Euro-Zentralbanken haben sich bis Ende Februar auf über 107 Milliarden Euro summiert. Mangels geregelter Ausgleichsfristen steht in den Sternen, wann etwa die Bundesbank fällige Zahlungen der „Bank of Greece“ erstattet bekommt. Die Forderungen der Bundesbank an andere Euro-Zentralbanken sind bis Ende Februar auf 547 Milliarden Euro, bis Ende März auf 615 Milliarden Euro gestiegen. Im Falle von Griechenland stehen schon die Bilanzposten „Target2“ und „Liquiditätsnothilfen“ mit einer Gesamtsumme von etwa 217 Milliarden Euro in keinem Verhältnis zum griechischen Bruttoinlandsprodukt von lediglich 215 Milliarden Euro jährlich. Damit nicht genug führt die „Bank of Greece“ noch einmal 279,5 Milliarden Euro außerhalb der offiziellen Bilanz. Mangels näherer Angaben ist unklar, welche Risiken oder Vermögenswerte so bis zum Anbruch besserer Zeiten geparkt werden sollen. Norman Hanert


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