19.04.2024

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28.04.12 / Widerstand wirkt!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-12 vom 28. April 2012

Widerstand wirkt!
von Vera Lengsfeld

Potsdam gilt seit alters her als Salon von Berlin. Dort, wo der Salon am prächtigsten ist, im Villenviertel zwischen Neuem Garten und Pfingstberg, befand sich ein Vorhof zur Hölle. Hier betrieb der sowjetische Geheimdienst ab 1945 ein Untersuchungsgefängnis – für angebliche „Spione“, die mit Isolationshaft und Folter zu Geständnissen gezwungen und anschließend in den Gulag deportiert wurden. Manche waren nicht einmal volljährig. Wer die Zwangsarbeitslager überlebte, kam erst nach acht bis zehn Jahren wieder nach Hause.

Als die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte nach der Vereinigung Deutschland verließ, öffneten sich auch die Tore des „Militärstädtchens“ in Potsdam. Unter den Hinterlassenschaften befanden sich die fast unveränderten Zellen des einstigen KGB-Gefängnisses. Es gelang engagierten Bürgern, darunter mehrere ehemalige Insassen, die Villa zu einer Gedenkstätte zu machen.

Memorial Deutschland stellte eine Ausstellung zusammen, „Von Potsdam nach Workuta“, die eindrucksvoll Häftlings­schicksale dokumentierte. Die Ausstellung fand regen Zuspruch, die angebotenen Gespräche mit Zeitzeugen waren gut besucht. Das änderte sich, als 2008 die staatliche „Stiftung Gedenk-, und Begegnungsstätte Leistikowstrasse“ gegründet wurde. Die Ausstellung von Memorial wurde wegen angeblicher „Unwissenschaftlichkeit“ entfernt und den Zeitzeugen wurden alsbald Gespräche im Haus untersagt.

Mit viel Steuergeld wurde eine neue Dauerausstellung erstellt, die allerdings nicht mehr das Gefängnis und seine Insassen in den Mittelpunkt stellte, sondern das Militärstädtchen und die militärische Spionageabwehr, die Gefängnisgeschichte folgt erst an dritter Stelle. Zwar wurden Häftlingsschicksale dokumentiert, aber eher harmlose Aussagen in den Fokus gerückt. So erfährt ein Besucher nicht, dass ein Geständnis mit der Drohung, die Mutter hinzurichten, erpresst wurde, sondern nur von dem Tuch, dass die Gefangenen durch alle Gefängnisse und Lager begleitet hat. Es wurden am denkmalgeschützten Bau sogar die Vergrößerung der Kellerfenster und das Entfernen der Verdunkelungen vorgenommen, um den Eindruck von Dunkelhaft zu verwischen.

Gegen diese Geschichtsklitterung kämpfte eine Zeitzeugeninitiative jahrelang vergeblich. Bei der Eröffnung der Dauerausstellung vergangene Woche gelang es ihr dann doch, auf den Skandal aufmerksam zu machen.

Als Ministerpräsident Platzeck und Kulturstaatssekretär Neumann auf der Tribüne Plakate lesen mussten, die gegen die Verharmlosung des KGB protestierten, waren sie so beeindruckt, dass sie versprachen, die Ausstellung zu ändern. Wir werden sie beim Wort nehmen!


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