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28.04.12 / »Ein Torpedo – ein Schiff« lautete sein Motto / Dem erfolgreichsten U-Boot-Kommandanten des Zweiten Weltkrieges wurde schließlich ein Ausflugsdampfer zum Verhängnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-12 vom 28. April 2012

»Ein Torpedo – ein Schiff« lautete sein Motto
Dem erfolgreichsten U-Boot-Kommandanten des Zweiten Weltkrieges wurde schließlich ein Ausflugsdampfer zum Verhängnis

Otto Kretschmers Leben begann weniger tragisch und verblüffend, als es endete. Am 1. Mai 1912 im schlesischen Heidau geboren, machte der Lehrersohn 1929 an der Staatlichen Bildungsanstalt der einstigen preußischen Kadettenanstalt Wahlstatt sein Abitur. Im folgenden Jahr trat er als Offizieranwärter in die Reichsmarine ein. Nach den üblichen Ausbildungsabschnitten und Verwendungen in der Flotte wurde Kretschmer 1936 zur U-Boot-Waffe versetzt und stieg schnell zum Kommandanten auf.

Erste Einsatzerfahrungen sammelte er während des Spanischen Bürgerkrieges. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war er Kommandant von U 23, mit dem er rasch beachtliche Versenkungserfolge erzielte. Seit April 1940 Kommandant von U 99, versenkte Kretschmer nicht nur zahlreiche Handelsschiffe, sondern blieb auch im Duell mit feindlichen Zerstörern und Kreuzern Sieger. Im Gefecht zeichnete er sich durch die Fähigkeit zur sicheren Lagebeurteilung, kaltblütige Ruhe und große Tapferkeit aus. Sein Grundsatz „Ein Torpedo – ein Schiff“ machte den auf Zielgenauigkeit Setzenden zum Vorbild vieler seiner Kameraden. Als tapferer und ritterlicher Kommandant genoss er selbst bei seinen Gegnern hohes Ansehen. Vielfach bewundert und als Seekriegsheld verehrt, war der wegen seiner Verschlossenheit „Otto der Schweigsame“ genannte Kretschmer bei seinen Besatzungen indes nicht wirklich beliebt. Zwar galt er als außerordentlich höflich und als formvollendeter Gentleman, der alle Härten seiner Männer teilte, doch war er penibel und kleinlich und ahndete selbst geringste Verstöße gegen die Disziplin. In der Kriegsmarine ging das Wort um, Prien sei der berühmteste U-Boot-Kommandant, Schepke der beliebteste und Kretschmer der erfolgreichste. Obwohl er nur 18 Monate im Fronteinsatz war, ging Kretschmer mit 47 versenken Schiffen von zusammen über 272000 Bruttoregistertonnen als der erfolgreichste U-Boot-Kommandant des Zweiten Weltkrieges in die Geschichte ein. Seine Erfolgsserie endete am 17. März 1941, als sein Boot durch Wasserbomben schwer beschädigt wurde. Kretschmer ließ auftauchen, rettete so 40 seiner 43 Besatzungsmitglieder und begab sich in Gefangenschaft, nachdem er das Boot versenkt hatte. Daran schlossen sich sechseinhalb Jahre hinter Stacheldraht an, die er überwiegend in Kanada verbrachte.

Nach seiner Entlassung absolvierte Kretschmer ein Jurastudium und arbeitete als Dolmetscher, bevor er 1955 als Fregattenkapitän in die Bundesmarine eintrat und schnell zum Flottillenadmiral avancierte. 1966 wurde er mit der Untersuchung des Untergangs von „U Hai“ beauftragt. Schonungslos kritisierte er die dabei zu Tage getretenen technischen, Ausbildungs- und Führungsmängel, was ein Zerwürfnis mit der Marineführung zur Folge hatte. Ohne Aussicht auf berufliches Fortkommen, wurde Kretschmer 1970 auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt. Anschließend war er als Industrieberater tätig und setzte sich unermüdlich gegen die Herabsetzung des deutschen Soldaten zur Wehr. Ausgerechnet ein Ausflugsdampfer wurde dem Sieger zahlreicher Geleitzugschlachten zum Verhängnis. Bei einem Sturz von der Gangway zog er sich schwere Verletzungen zu, denen er am 5. August 1998 erlag. Jan Heitmann


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