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05.05.12 / »Das Ausland soll sich heraushalten« / So sieht es Gregorios III., eine authentische Stimme aus Syrien, von wo es keine objetive Berichterstattung gibt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-12 vom 05. Mai 2012

»Das Ausland soll sich heraushalten«
So sieht es Gregorios III., eine authentische Stimme aus Syrien, von wo es keine objetive Berichterstattung gibt

Bodo Bost sprach für die PAZ mit Patriarch Gregorios III., Oberhaupt von etwa zwei Millionen Melkiten, einer der größten mit Rom unierten Ostkirchen, mit Sitz in Damas-kus/Syrien.

PAZ: Sie kommen aus einer Krisenregion. Hoffen Sie, dass sich die Lage in Syrien wieder entspannen wird?

Gregorios III.: Das ist leider nicht für morgen, sondern eher für übermorgen zu erwarten. Die Lage ist sehr gespannt und wird immer gespannter, weil es viele Einflüsse von außen gibt, die das Feuer schüren und die Lage verschärfen, durch Waffenlieferungen, durch Gelder … Die Syrer müssen zueinander finden, miteinander sprechen, nur so kann die Lage sich entspannen. Deshalb sage ich Europa, schürt die Lage in Syrien nicht zusätzlich, sondern helft unseren Menschen durch mehr Vertrauen und Zuversicht. Europa und die USA müssen sich aus diesem Konflikt heraushalten, nur die Syrer allein können diesen Konflikt lösen. Wenn man Israel die Atomwaffe erlaubt und anderen Ländern nicht, erzeugt das eine Einseitigkeit, die den Hass nur weiter schürt und keine Konflikte in der Region abbaut. Wir, die orientalischen Christen, werden von den Muslimen gehasst wegen euch, weil es die christlichen Länder in Europa und die USA nicht schaffen, einen gerechten Frieden im Nahen Osten herbei zu führen. Wir wollen für den Frieden in Jerusalem und den Frieden des Heiligen Landes beten.

PAZ: Wird Präsident Baschir al-Assad auf die Opposition zugehen, auch wenn Europa nichts tut für eine Lösung der Krise in Syrien?

Gregorios III.: Helfen Sie uns, damit wir einiger werden. Wir leben in Syrien als Christen und Muslime schon über 1000 Jahre zusammen. Keiner kann uns Vorschriften machen, wie wir unser Zusammenleben gestalten. Geben sie uns eine Chance, dass die Menschen in Syrien zueinander finden und ihre Zukunft alleine friedlich gestalten.

PAZ: Unterstützt die Kirche Präsident al-Assad?

Gregorios III.: Wir brauchen kein System zu unterstützen. Wir waren schon vor Assad da und vor seinem Vater und wir werden auch noch nach Assad da sein. Wir sind eine freie Kirche, wir sprechen mit der Regierung, um den Menschen zu helfen, nicht um das Regime zu unterstützen.

PAZ: Welche Hoffnungen setzen Sie in den Annan-Plan?

Gregorios III.: Ohne den Glauben an die Zukunft wird es keinen Frieden geben und kein Friedensplan kann dann helfen. Wir brauchen Optimismus und den Glauben an eine bessere Zukunft.

PAZ: In welcher Weise wirkt sich der ausländische Einfluss schädlich auf Syrien aus?

Gregorios III.: Ein gutes Beispiel hierfür ist der Bericht des Leiters der Beobachtermission der Arabischen Liga, General Dabi. Sein Bericht war objektiv und gerecht und er hat der Assad-Regierung ein gutes Zeugnis ausgestellt, deshalb wollte niemand diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

PAZ: Hatten Sie auch Kontakte zu der Beobachtermission?

Gregorios III.: Nicht direkt, aber die Menschen sind gekommen und haben uns berichtet, so haben wir von dem Bericht erfahren.

PAZ: Welche Zukunft sehen Sie für Syrien?

Gregorios III.: Die Welt ist nicht gerecht. Nur Gott ist gerecht und nur Gott kann den Frieden bringen. Die Welt wird von Wirtschaftsinteressen regiert. Früher waren Saudi-Arabien und Katar ganz dicke Freunde mit Syrien. Warum sind sie jetzt gegen Assad? Sind die Regime dort besser für die Christen oder für die Menschenrechte? Heute ist Syrien ein riesiges Waffenlager und die internationale Gemeinschaft will noch mehr Geld den syrischen Rebellen geben.

PAZ: Anfang März wurde die Um Al-Zennar Kirche (Muttergottesgürtelkirche) von Homs ein Opfer der Flammen. Diese Kirche ist das wichtigste christliche Symbol im Zentrum der Bürgerkriegsstadt Homs, hier hatte von 1933 bis 1959 der syrisch-orthodoxe Patriarch seinen Sitz und hier befindet sich mit dem Gürtel der Mutter Gottes eine der wichtigsten Reliquien Syriens. Was wissen Sie von den Zerstörungen?

Gregorios III.: Die Kirche wurde beschädigt, weil sie im Schussfeld der Auseinandersetzungen liegt. Eigentlich liegt diese wichtige Kirche mitten im christlichen Viertel von Homs. Die Rebellen haben sich jedoch in diesem Viertel, aus dem die Christen geflüchtet sind, eingenistet und beschießen von dort die Sicherheitskräfte, die in den Außenbezirken der Stadt ihre Stellungen haben und von dort den Beschuss erwidern. Von friedlichen Demonstranten kann man schon lange nicht mehr sprechen.

PAZ: Wie ist das christlich-islamische Gespräch in Syrien?

Gregorios III.: Wir haben keine Probleme untereinander. Die Einmischung vom Ausland ist das Problem.

PAZ: Warum sind Sie nach Trier zur Heilig Rock Wallfahrt gekommen?

Gregorios III.: Ich war im August 1959 mit einer von Pax Christi organisierten Gruppe zum ersten Mal beim Heiligen Rock in Trier. Damals wurde auch in Trier die deutsch-französische Freundschaft vorbereitet. Robert Schuman war damals auch zum Heiligen Rock gepilgert. Es war mein erster Besuch in Deutschland. Seitdem hat mich das Land, seine Menschen und seine Kultur nicht mehr losgelassen. So verbindet mich eine enge Beziehung zu Trier und seinen Menschen. Durch den Heiligen Athanasios, der im 4. Jahrhundert von Ägypten aus nach Trier verbannt wurde, hat auch Trier eine Beziehung zu den orientalischen Christen. Und der Heilige Rock kommt ja ursprünglich auch aus Jerusalem, wo ich viele Jahre Patriarchalvikar meiner Kirche war.

PAZ: Welche Bedeutung hat für Sie der Heilige Rock?

Gregorios III.: Er ist ein Symbol der Einheit der Kirche. Dieser Rock symbolisiert das Leiden Christi, aber auch seine Auferstehung. Wir müssen jedoch noch viel mehr tun, um zur Gemeinschaft aller Christen zu kommen. Leider wird Europa schwächer im Glauben, deshalb hat es Angst vor einer Islamisierung. Wir Christen aus Ost und West müssen mehr zusammen stehen. Je mehr Glaube und Liebe und Hoffnung es in der Welt gibt, desto weniger Gewalt wird es in der Welt geben. Dies alles kommt jedoch nur durch Gottes Gnade.


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