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05.05.12 / »Friedrich über alles« / Franz Kugler und Adolph Menzel schufen in Koproduktion ein Standardwerk über den Alten Fritz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-12 vom 05. Mai 2012

»Friedrich über alles«
Franz Kugler und Adolph Menzel schufen in Koproduktion ein Standardwerk über den Alten Fritz

Mit seiner „Geschichte Friedrichs des Großen“ verfasste der Historiker, Kunsthistoriker und Schriftsteller Franz Kugler ein Standardwerk über den bekanntesten preußischen König. Für die Illustrierung des Werkes konnte der Stettiner den Breslauer Maler Adolph Menzel gewinnen. Das Ergebnis dieser pommersch-schlesischen Zusammenarbeit wird bis heute immer wieder aufgelegt.

„Wir legen Euch in diesem Buche die Geschichte eines Mannes vor, bei dessen Namen das Herz eines jeden Bürgers im preußischen Staate, das Herz eines jeden Deutschen höher schlägt, eines Mannes, welcher zu den wenigen gezählt werden muss, die zu Trägern der Weltgeschichte berufen waren und hellen Geistes, scharfen Auges, starken Armes ihren Beruf zu erfüllen vermochten. Er führte einen kleinen, bis dahin nur wenig beachteten Staat in die Reihe der europäischen Mächte ein“, schrieb Franz Theodor Ku-gler (1808–1858) in der Einleitung zu seiner 1840 in Leipzig erschienenen „Geschichte Fried-richs des Großen“. Der in Stettin geborene Kugler war Kunsthistoriker und Schriftsteller. Nur Eingeweihte werden wissen, dass er das noch heute bekannte Lied „An der Saale hellem Strande“ verfasste und Professor an der Berliner Akademie der Künste war. Als Kunstreferent im preußischen Kultusministerium verdiente er sich ab 1843 den Lebensunterhalt.

Einen Namen machte sich der Pommer jedoch durch die „Geschichte Friedrichs des Großen“, die bis heute aufgelegt wird und auch im Internet als digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier zu finden ist. Als Illustrator konnte Kugler Adolph Menzel gewinnen, der zu einzelnen Lebensstationen des Königs populäre Holzstiche schuf. Für die Darstellung Friedrichs zog er Porträts „aus allen Altersstufen vom vierten Jahre an“ zu Hilfe, die er in den königlichen Schlössern fand. „Alles, was der äußeren Gestaltung des Lebens, dem Zeitgeschmack und den mannigfachen Wandlungen desselben in Baulichkeiten, Geräthen, Costhümen und allgemeiner Sitte angehört, beruht auf Studien charakteristischer Vorbilder, wie sich diese theils im Originale selbst, theils in Abbildungen oder in schriftlicher Überlieferung auf unsere Zeiten erhalten haben“, erläuterte Menzel im Nachwort zur „Geschichte Friedrichs des Großen“. „Die Ansichten wichtiger Localitäten, namentlich die der königlichen Schlösser, sind fast durchgehends nach der Natur aufgenommen. Nicht mindere Sorgfalt ist auf die richtige Darstellung der militairischen Uniformen und ihrer verschiedenartigen Abstufungen verwandt …“ Schon diese Äußerungen lassen den gewissenhaften Beobachter und genauen Schilderer erahnen, als der Menzel später einmal gerühmt werden sollte.

Geboren wurde Adolph Menzel am 8. Dezember 1815 in Breslau, wo sein Vater, ursprünglich ein Lehrer, eine lithografische Anstalt betrieb. Adolph war 14 Jahre alt, als er acht Lithografien schuf, die sein Vater als Illustrationen zu Knutzens „Geschichte des preußischen Staates“ verwendete. 1830 siedelte die Familie nach Berlin über, wo der junge Künstler sich an alten und neuen Kunstwerken orientieren konnte und immer wieder neue Eindrücke empfing, während der Vater dort nur schwer Fuß fassen konnte. Adolph besorgte ihm Aufträge und unterstützte ihn bis zu seinem Tod 1832. Der junge Mann übernahm daraufhin die Steindruckerei seines Vaters und ernährte die Mutter und seine zwei Geschwister. Nach einem kurzen Besuch der Berliner Akademie der Künste beschloss er, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich auf eigene Füße zu stellen. 1833/34 erschien sein erster selbständiger Illustrationszyklus zu „Künstlers Erdenwallen“ nach Goethe.

Mit einer Serie von Kreidelithografien zu den „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“ wandte sich Adolph Menzel 1834 bis 1836 zum ersten Mal selbständig einem seiner späteren Hauptthemen zu. Nicht zuletzt durch diese Veröffentlichung wurde Franz Kugler auf Menzel aufmerksam und empfahl ihn als Illustrator für sein Vorhaben.

Kugler wies nachdrücklich darauf hin, dass er die Lebensgeschichte Friedrichs II. so darstellen wollte, „wie sie uns überliefert worden. Es lag nicht in unserer Absicht, sie nach den Lehren einer philosophischen Schule oder nach den Grundsätzen dichterischer Behandlungsweise glänzender zu gestalten.“

Nicht zuletzt durch diese Holzstiche Menzels, die einen volkstümlichen König zeigen, wurde dieses Buch zu einem Volksbuch. Gottfried Schadow, der greise Direktor der Berliner Akademie, kritisierte nach Erscheinen der ersten Lieferung von Menzels Illustrationen die Arbeit allerdings mit unsachlich scharfen Worten. Doch der Künstler ließ sich nicht beirren. Anfang September 1840 schrieb er an seinen Freund Carl Heinrich Arnold: „Aber trotz all diesem Ärger, Friedrich über alles! Mich hat nicht bald so was ergriffen. Der Stoff ist so reich, so interessant, so großartig … so malerisch, dass ich bloß einmal so glücklich werden möchte, aus dieser Zeit einen Zyklus großer historischer Bilder malen zu können.“ Diese Bilder schließlich waren es auch, die Menzel berühmt machten.

Doch nicht immer war er zufrieden mit seiner Arbeit. So monierte er 1905 bei einem seiner bekanntesten Gemälde „Flötenkonzert von Sanssouci“ die Haltung Friedrichs des Großen: „Der König steht da wie ein Kommis, der sonntags Muttern was vorflötet … Überhaupt habe ich’s bloß gemalt des Kronleuchters wegen. In der ,Tafelrunde‘ brennt er nicht – hier brennt er. Manchmal reut’s mich, dass ich’s gemalt habe; enfin bestand die Hälfte meines Lebens aus Reue!“

Lange Jahre wurde Menzel, der 1898 als einziger Künstler mit dem höchsten preußischen Orden, dem 1701 in Königsberg gestifteten Schwarzen Adlerorden, ausgezeichnet wurde, „nur“ als Maler der preußischen Geschichte angesehen; erst später erkannte man, dass der große Künstler ein genauer Beobachter, ein Schilderer seiner Zeit war, ein kritischer Zeitgenosse auch, der das bürgerliche Leben ebenso darstellte wie das höfische. Historienbilder gehören gleichermaßen zu seinem Schaffen wie zeitgenössische Schilderungen des Großstadtlebens und der Arbeitswelt. Nicht zuletzt durch diese Werke wurde Menzel zu einem Wegbereiter der Moderne. „Menzels Leben“, schrieb 1896 der Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, „bietet ein Schauspiel, das ähnliche Empfindungen wachruft wie der Anblick seiner Werke. Ein unendlicher Reichtum von Tatsachen entwickelt sich mit starker Logik aus den gegebenen Prämissen … Was sich ihm entgegenstellte, hat er durch seine im Dienst eines unermesslichen Arbeitsvermögens stehende Riesenkraft unterworfen.“ Silke Osman


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