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05.05.12 / Scharia-Gericht für Moskau / Rechtsanwalt droht öffentlich mit Blutvergießen bei Nichterfüllung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-12 vom 05. Mai 2012

Scharia-Gericht für Moskau
Rechtsanwalt droht öffentlich mit Blutvergießen bei Nichterfüllung

Wir sind hier zu Hause und werden unsere Regeln aufstellen, ob es Euch passt oder nicht. Jeder Versuch, das zu ändern, wird zu Blutvergießen führen. Das wird ein zweites totes Meer. Wir werden die Stadt mit Blut überfluten.“ Dagir Chasawow plädiert für die Einführung von Scharia-Gerichten in ganz Russland. Seit er diese Worte am 24. April zur besten Sendezeit im russischen Fernsehen von sich gab, soll der 53-jährige Rechtsanwalt sich irgendwo in Europa aufhalten. Er ist auf der Flucht vor den russischen Strafverfolgungsbehörden, die ihn wegen Aufrufs zum Extremismus anklagen werden. Ihm drohen fünf Jahre Haft und der Entzug seiner Anwaltszulassung.

Dagir Chasawow meldete sich zwei Tage nach dem Fernseh-Interview bei „Radio Echo Moskau“ und behauptete, die Journalisten hätten ihn falsch zitiert. Er habe lediglich Beispiele aus der Geschichte angeführt. Er selbst werde den Fernsehsender verklagen. Das Interview kursiert als Video bei „Youtube“ im Internet. Die darin getroffenen Aussagen sind klar als Drohung aufzufassen.

Dagir Chasawow gilt als erfahrener Rechtsanwalt, der es in Russland zu etwas gebracht hat. In Mos-kau leitet er die Anwaltskanzlei „Dagir Chasawow und Partner“, er ist Mitglied in internationalen Berufsverbänden, war bis November 2011 beratend für das Kommite des Föderationsrats für Sozialpolitik unter Valentina Petrenko tätig und er war Hochschuldozent der historischen Wissenschaften. Chasawow schloss seine Ausbildung mit Bestnoten ab, war in Tschernobyl vor Ort, um die Folgen der Reaktorkatastrophe zu beseitigen, wurde für seinen Einsatz geehrt. 2009 erhielt er eine Auszeichnung der Moskauer Anwaltskammer.

Wie kommt so ein hochverehrter Mann dazu, mit radikalislamischen Äußerungen für einen handfesten Skandal zu sorgen?

Ein Blick auf seine berufliche Laufbahn gibt Aufschluss. Seit seiner Niederlassung als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei vertrat Chasawow Fälle aus dem Bereich des Vertragsrechts. Da er neben seiner Muttersprache Kumykisch unter anderem auch Türkisch spricht, vertrat er zahlreiche in Moskau tätige türkische Fimen bei der Durchsetzung von Vertragsbedingungen, bei denen der Streitwert üblicherweise in die Millionhöhe ging.

Zu einer Radikalisierung kam es im November 2010, als Chasawow die Architekten für die zu erbauende Moskauer Moschee gegen ihre Auftraggeber, die Geistliche Leitung der Muslime im Europäischen Teil Russlands (DUMER), vertrat. DUMER hatte die Architekten kaltgestellt und ihnen jede Möglichkeit der Überprüfung der Ausführung ihres Projekts genommen. Seitdem führt Chasawow eine Privatfehde gegen die offiziellen Muslimenverbände.

Chasawow erklärte im November 2011, einen Islamrat Russlands und eine Union der russischen Muslime gründen zu wollen, quasi als Gegengewicht zum Diktat der „Muftis“, den islamischen Rechtsgelehrten.

Daher verwundert es nicht, dass sowohl der oberste Mufti Russlands, Talgat Tadschuddin, als auch der Chef des Moskauer Mufti-Amts, Albir Krganow, sich von Chasawows Äußerungen distanzieren. Die Scharia fände nur in religiösen Staaten wie Iran, Saudi- Arabien und Katar Anwendung. In Russland hätten Muslime heute bereits die Möglichkeit, sich an religiöse Gerichte zu wenden. Ein Scharia-Gericht würde in Moskau überdies sehr negativ bewertet werden. Manuela Rosenthal-Kappi


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