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12.05.12 / »Lützows wilde, verwegene Jagd« / Vor 230 Jahren kam der Kommandeur des von Theodor Körner besungenen Freikorps zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

»Lützows wilde, verwegene Jagd«
Vor 230 Jahren kam der Kommandeur des von Theodor Körner besungenen Freikorps zur Welt

Die Bedeutung des Lützowschen Freikorps für die deutsche Nationalbewegung lag weniger in militärischen Erfolgen als vielmehr darin, dass hier Patrioten aus fast allen Teilen Deutschlands freiwillig und ohne Aussicht auf materielle Vorteile in preußische Dienste traten, um gemeinsam hinter den Linie des Feindes den gefährlichen, verlustreichen „kleinen Krieg“ gegen die napoleonische Fremdherrschaft aufzunehmen. Ihr Namensgeber und Kommandant war ein Freiherr von nur durchschnittlicher militärischer Begabung, aber dafür mit Mut und Ausstrahlung: Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow.

Weil das Deutsche Reich mit Otto von Bismarck vom preußischen Ministerpräsidenten geeint wurde und Preußen der Kernstaat des Deutschen Reiches war, neigt die borrussisch-kleindeutsche Geschichtsschreibung zu der Darstellung, dass Preußen von jeher der Nukleus der Nation, der Kernstaat Deutschlands gewesen sei. Letztere Eigenschaft besaß das Königreich jedoch frühestens seit den napoleonischen Kriegen. Insbesondere nach der Niederlage der süddeutschen Großmacht und traditionellen Führungsmacht in Deutschland im Fünften Koalitionskrieg von 1809 und dem anschließenden Wechsel an der Spitze des österreichischen Außenministeriums vom Idealisten Johann Philipp von Stadion zum Opportunisten Klemens Wenzel Lothar von Metternich wurde die norddeutsche Großmacht zu dem Hoffnungsträger deutscher Patrioten.

Dieser Umstand führte Preußen Idealisten aus fast allen Teilen Deutschlands zu, von denen auch das Lützowsche Freikorps geprägt war. Zu diesem gesamtdeutschen Freiwilligenverband zählten Angehörige aller Schichten und Klassen, darunter auch viele Dichter und Denker sowie Multiplikatoren, die neben ihren militärischen auch ihre geistigen Waffen in den Dienst des Korps stellten. Theodor Körners „Lützows wilde Jagd“ wurde mit der schmissigen Melodie Carl Maria von Webers zum festen Bestandteil des deutschen Liedguts. Und die Uniformfarben wurden durch die Studenten unter den „schwarzen Gesellen“ – über einige Umwege (siehe Kasten) – zu Deutschlands Nationalfarben.

Bezeichnenderweise war denn auch der Namensgeber und Kommandeur des Lützowschen Freikorps ein Nichtpreuße. Der Freiherr Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow entstammte einem meck­lenburgischen Adelsgeschlecht. Allerdings war sein Vater Johann Adolph von Lützow ein preußischer Generalmajor und der Ort, an dem er am 18. Mai 1782 geboren wurde, die preußisch-brandenburgische Hauptstadt Berlin.

Wenn sich auch der spätere Freikorpskommandant zu einem unkonventionellen militärischen Führer entwickelte, so verlief die militärische Ausbildung des preußischen Offizierssohnes doch recht konventionell. Mit 13 Jahren begann seine militärische Laufbahn in der preußischen Armee. 1800 wurde er Offizier. 1804 wurde der leidenschaftliche und gute Reiter auf eigenen Wunsch zur Kavallerie versetzt.

Bei seiner Feuertaufe im Vierten Koalitionskrieg zeigte Lützow seinen bemerkenswerten Kampfeswillen. Obwohl in der Schlacht von Auerstedt 1806 verwundet, schlug er sich in die Festung Magdeburg durch. Als diese zu kapitulieren drohte, zog er über Kopenhagen ins belagerte Kolberg weiter, wo er einen Dragonerschwarm von Ferdinand von Schills Freikorps übernahm. Nachdem Preußen im Frieden von Tilsit 1807 den Kampf gegen den französischen Usurpator aufgegeben hatte, nahm Lützow, mittlerweile mit dem „Pour le Mérite“ ausgezeichnet und von diversen Verwundungen gezeichnet, aus gesundheitlichen Gründen den Abschied.

Als Schill 1809 den Kampf gegen die Franzosen wieder aufnahm, schloss Lützow sich diesem an und setzte sich entschieden für eine Fortsetzung des Kampfes ein. Nach einer schweren Verwundung in der Schlacht bei Dodendorf konnte er jedoch an Schills Feldzug nicht weiter teilnehmen, so dass er von der Teilnahme an der vernichtenden Niederlage des Freikorps in Stralsund verschont blieb. Erspart blieb ihm auch eine Verurteilung durch das Kriegsgericht Preußens, das sich ja mit Frankreich seit 1807 im Friedenszustand befand, da er nicht mehr der preußischen Armee angehörte und als Mecklenburger Ausländer war.

Vielmehr wurde Lützow nach der Genesung von seinen Verwundungen 1811 auf Betreiben der preußischen Heeresreformer wieder in die preußische Armee aufgenommen, um bei einem Ende des von Anfang an brüchigen Friedens mit Frankreich für einen Einsatz im Guerillakrieg zur Verfügung zu stehen. Hierzu prädestinierten ihn seine Erfahrungen an der Seite Schills.

Nachdem Johann David von Yorck Ende 1812 mit der Konvention von Tauroggen Preußens Seitenwechsel eingeleitet hatte, erhielt Schills Gefährte von einst auf Betreiben des preußischen Heeresreformers Gerhard Johann David von Scharnhorst im Februar 1813 vom Preußenkönig die Erlaubnis, ein „Königlich Preußisches Freikorps“ aufzustellen. Auftragsgemäß führte dieser schnell auf über 3500 Mann anwachsende berühmteste deutsche Freiwilligenverband der Befreiungskriege hinter den feindlichen Linien das, was man damals „kleiner Krieg“ nannte und von dem heute unter der Bezeichnung „asymmetrischer Krieg“ gerne so getan wird, als wenn es eine völlig neue Herausforderung wäre.

Allerdings kämpfte das Freikorps in Uniform. Da aufgrund der allgemeinen Not Preußen sich außerstande sah, die Freiwilligen einzukleiden und dieses von ihnen selber auch nicht erwartet werden konnte, wurde versucht, der vorhandenen Kleidung ein halbwegs einheitliches Erscheinungsbild zu geben, beispielsweise durch Einfärben. Da sich hierfür Schwarz am ehesten eignet, wurde diese Farbe genommen. Dazu kam mit Messingknöpfen eine vergleichsweise leicht zu beschaffende Massenware. Für die Vorstöße wurde die Signalfarbe Rot gewählt.

Die Tragik der preußischen Reformer wie der deutschen Patrioten, dass für sie, nachdem sie in den Befreiungskriegen den deutschen Fürsten die Kastanien aus dem Feuer geholt hatten, galt: „Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen“, spiegelt sich im weiteren Schicksal von Lützows Jägern. Sie wurden von der regulären preußischen Armee absorbiert. Ihr Freikorps wurde, nachdem der Sieg über Frankreich absehbar war, 1814 zerschlagen. Seine Infanterie wurde das 25. Infanterie-, seine Kavallerie das 6. Ulanenregiment. Zunächst behielten beide Regimenter Lützow als Kommandanten, dann nur noch die Ulanen.

Nach der Rückkehr Napoleons von Elba 1815 wurde Lützow an der Spitze des 6. Ulanenregiments einmal mehr verwundet und geriet in französische Kriegsgefangenschaft. Nach Bonapartes erneuter, diesmal endgültiger Niederlage führte Lützow das in Königsberg stationierte Regiment in die Heimat und kommandierte ab 1817 die 3. Kavalleriebrigade in Münster und ab 1830 die 6. Kavalleriebrigade in Torgau. Lützow wurde 1833 in den Ruhestand versetzt, zog nach Berlin um und starb dort am 6. Dezember 1834. Manuel Ruoff


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