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12.05.12 / Um gefühlt acht Jahre jünger / Allensbach-Studie ergab ein erstaunlich positives Bild über das Altern – Lebensqualität am größten im Zusammenhang mit einer Familie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

Um gefühlt acht Jahre jünger
Allensbach-Studie ergab ein erstaunlich positives Bild über das Altern – Lebensqualität am größten im Zusammenhang mit einer Familie

Immer wieder wird, gerade auch von Journalisten und Wissenschaftlern, das drohende Bild einer „vergreisenden Gesellschaft“ gleichsam an die Wand gemalt – Unzufriedenheit, Armut, Gebrechlichkeit werden zunehmen, heißt es. Das Gegenteil ist offenbar für den weitaus größeren Teil der Fall, wie eine neue Studie des Allensbacher Institutes für Demoskopie zeigt.

Gegenüber den düsteren Prog-nosen in den Medien zeichnet die Studie ein erstaunlich positives Bild über das Altern und die Älteren. Die Allensbacher befragten repräsentativ 1761 Personen ab 16 Jahren in persönlichen Interviews und so ergibt sich ein gutes Bild darüber, was die deutsche Bevölkerung tatsächlich denkt. Als ernsthaftes Problem Deutschlands sehen immerhin 73 Prozent der Bevölkerung den demografischen Wandel. Lediglich 16 Prozent finden den derzeitigen Zustand mit einer viel zu niedrigen Geburtenrate normal. Darüber gibt es offensichtlich kaum zwei Meinungen. Für „populistische“ Politiker vielleicht ein Denkanstoß.

Davon abgesehen, zeigt die Umfrage bemerkenswert positive Ergebnisse über das Älterwerden. Anders als oft gedacht, definiert sich das Alter nicht zuerst über die Anzahl der Lebensjahre. Die 60- bis 75-Jährigen fühlen sich glatte acht Jahre jünger als ihr tatsächliches Lebensalter ist. Dies existiert nicht nur als subjektives Gefühl, sondern wird auch von Freunden, Bekannten und der Familie bestätigt. Gerade in dieser Altersgruppe sind die Senioren noch körperlich und geistig sehr fit (76 Prozent) und unterstützen aktiv ihre Familien (59 Prozent). Viel kann man von den Älteren lernen, denken mehr als die Hälfte der Menschen und halten diese Gruppe der bis zu 75-Jährigen auch für unternehmungslustig. Dazu trägt bei, dass knapp die Hälfte von ihnen in „guten finanziellen Verhältnissen“ lebt. Viele Ältere gehen gerne aus, haben Hobbies und sind an Neuem interessiert. Kurz: Die meisten Senioren genießen tatsächlich das Leben im Ruhestand.

Die negativen oder ambivalenten Seiten des Älterwerdens gibt es allerdings auch zu bedenken, wie die Allensbacher herausfanden. Weniger als ein Drittel engagiert sich in irgendeiner Art und Weise für die Gesellschaft, denkt optimistisch oder sucht nach neuen Herausforderungen. Wenn die Schwelle von 75 Jahren überschritten wird, nimmt die Einsamkeit zu. Auch die Sorgen um die Finanzen vermehren sich und die Abhängigkeit von der Hilfe anderer steigt. Alles geht irgendwie „seinen gewohnten Gang“, bestätigen die meisten Senioren. Ebenso nehmen naturgemäß die gesundheitlichen Probleme und das Gefühl zu, die Welt nicht mehr zu verstehen.

Schaut man die Ergebnisse genauer an, so lassen sich kaum allgemeine Regeln aufstellen nach dem Motto: Mit einem 80-Jährigen ist nichts mehr anzufangen. Im Gegenteil, es gibt auch bei 80- oder sogar 90-Jährigen noch Menschen, die sich körperlich und geistig fit halten. Die meisten Menschen dieser Altersgruppen pflegen noch regelmäßigen Kontakt zu Jüngeren. Ob jemand im Alter vereinsamt und den Kontakt zur Außenwelt weitgehend abbricht, hängt offenbar eng damit zusammen, ob diese Person in dem größeren Zusammenhang einer Familie leben kann.

Wo wie in einer Hamburger Familie 19 Enkel den Kontakt zur Oma schätzen und pflegen (und umgekehrt), bleibt kaum Zeit sich über die „Zipperlein des Alters“ lange Gedanken zu machen. Oft genug erklären heute die Enkel ihren Großeltern die fremde Welt des Internets und nach kurzer Zeit kann der Senior sogar

E-Mails schreiben und über das Internet-Netzwerk „Facebook“ mit der jungen Generation kommunizieren. Geburtstagsglück-wünsche kommen dann nicht mehr per Post, sondern über den elektronischen Weg.

Damit der Kontakt zu den Jüngeren oder der eigenen Familie nicht abreißt, ist daher für Ältere die Frage des Wohnortes ein zentraler Aspekt, der früh genug bedacht sein will. Wer 700 Kilometer von seinen Kindern und Enkeln entfernt wohnt, hat es naturgemäß schwerer, den Kontakt zu halten. Wenn sogar beide Kinder mit fünf Enkeln, wie dem Verfasser kürzlich berichtet wurde, in den USA leben, dann wird die Schwelle des 75. Lebensjahres tatsächlich zu einer Klippe. Die Flugreisen über den Atlantik und die Besuche in Nordamerika werden dann immer beschwerlicher, je mehr die gesundheitliche Leistungsfähigkeit nachlässt.

Interessant an der Allensbacher Studie ist noch ein letzter Aspekt: das Geld. Öfters wird in den Medien oder auch von Politikern behauptet, dass die Versorgung der Älteren mit Renten, Pensionen oder Gesundheitsleistungen die Gesellschaft zu viel Geld kosten würde. Diese Meinung wird nur von rund zehn Prozent der Menschen in Deutschland geteilt. Mit anderen Worten, glauben ungefähr 90 Prozent der Bevölkerung, dass wir momentan ein durchaus gerechtes Sozialsystem besitzen. Dies beruht bekanntlich darauf, dass die Jüngeren und Arbeitenden durch eine Umlage, Beiträge und Steuern für die Älteren aufkommen müssen. Dieses Ergebnis mag alle Senioren, die sich von finanziellen Sorgen bedroht sehen, beruhigen. An dieser sehr großen Zustimmung der Bevölkerung dürfte sich allerdings dann schnell etwas ändern, wenn der deutsche Steuer- und Beitragszahler auch noch griechische, portugiesische oder spanische Rentner bezahlen soll. Hinrich E. Bues


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