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19.05.12 / Hollandes falsches Spiel um Afrika / Frankreichs neuer Staatspräsident kündigt grundlegende Reformen in der Übersee-Politik an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-12 vom 19. Mai 2012

Hollandes falsches Spiel um Afrika
Frankreichs neuer Staatspräsident kündigt grundlegende Reformen in der Übersee-Politik an

Frankreichs neuer Staatspräsident François Hollande hat grundlegende Reformen in der Afrika-Politik angekündigt. „Ich werde Beziehungen beenden, die auf Dominanz, Einfluss und Geschäftsmöglichkeiten für Machthaber basieren“, versprach Hollande vor der Wahl. Außerdem werde er sich nicht als Lehrer aufspielen, „sondern die Idee vertreten, dass Demokratie überall relevant ist – und besonders in Afrika“.

Tatsächlich hat Frankreich seine politisch-wirtschaftlichen Beziehungen zu seinen ehemaligen Kolonien in Afrika nie abreißen lassen. Politische Tauschgeschäfte, illegale Geldtransfers und steuerfreie Geschenke spielten stets eine Rolle bei dem System, aus dem nicht selten auch Diktatoren als Gewinner hervorgingen und immer noch gehen. Das Prinzip ist einfach: Französische Politiker sagen afrikanischen Führern ihre Unterstützung zu. Im Gegenzug erhalten sie wertvolle Rohstoffe wie Öl oder Uran, manchmal auch persönliche Geschenke. Zum Sinnbild dieses Systems wurde der Mann mit dem Koffer: Robert Bourgi, ein französisch-libanesischer Anwalt. Im September letzten Jahres ging er damit an die Öffentlichkeit, dass er einflussreichen französischen Politikern Koffer voll mit Geld von afrikanischen Präsidenten überbracht habe. Angeblich habe jeder Koffer ein bis drei Millionen US-Dollar enthalten und habe die Kampagnen damaliger Präsidentschaftskandidaten finanziert. Die Nutznießer sollen unter anderem Jaques Chirac, François Mitterand und der ehemalige Premier Dominique de Villepin gewesen sein. Für Chiracs Wahlkampf 2002 sind angeblich sogar zehn Millionen Dollar aus der Demokratischen Republik Kongo und der Elfenbeinküste geflossen. Der erste Koffer sei laut Bourgi 1995 von Mobutu Sese Seko gekommen, dem damaligen Präsidenten der Republik Zaire, heute Demokratische Republik Kongo. Schenkt man anderen Quellen Glauben, dann existiert diese erkaufte Unterstützung bereits seit Charles de Gaulles Regierungszeit.

Die Afrika-Politik des verflossenen Präsidenten Nicolas Sarkozy ist durchzogen von Fehltritten, sodass ein französischer Kolumnist spottet, viel schlimmer könne Hollande gar nicht handeln. Als größter Fauxpas gilt Sarkozys Rede im senegalesischen Dakar 2007, bei der er meinte, „der Afrikaner habe nur unzureichend Geschichte geschrieben“. Sowohl aus dem frankophonen als auch aus dem anglophonen Afrika hagelte es damals Kritik. Im Jahre 2008 versprach Sarkozy, die Militärpakte mit den ehemaligen Kolonien zu überarbeiten und vollkommen offenzulegen. Doch kaum ein Jahr darauf schwieg er, als in Kamerun der Präsident die Wahlen fälschte und im Kongo und in Gabun die scheidenden Herrscher die Macht an ihre Söhne abgaben. Sein großes Engagement für einen Nato-Einsatz gegen das Gaddafi-Regime sehen Experten danach als eine große Reinwasch-Aktion.

Hollande versprach nun, er werde „nicht über die Afrikaner in solch einer verletzenden Weise wie Nicolas Sarkozy sprechen“. Und auch sonst präsentiert sich der 57-Jährige als Revolutionär in der Außenpolitik.

Französische Politik-Beobachter gehen aber davon aus, dass Hollande trotz der Versprechen in die Fußstapfen Francois Mitterands treten werde, dessen Berater er war. Selbst seine Parteifreunde aus der Parti Socialiste halten Hollande dieses falsche Spiel vor. Von jeher war er ein Verbündeter des ehemaligen ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo. Als sich dieser 2009 weigerte abzutreten und einen blutigen Bürgerkrieg mit 3000 Toten anzettelte, distanzierte sich Hollande zwar offiziell von ihm. Innerhalb der Partei vertrat er danach jedoch eine Gbagbo-freundliche Einstellung.

Der Pariser Journalist und Afrika-Experte Christophe Boisbouvier vermutet, Hollande werde in den ersten Monaten seiner Amtszeit die autoritären Präsidenten meiden, wie etwa den Gabuns oder der Republik Kongo: „Er wird zunächst versuchen, einen Präsidenten zu besuchen, der legal gewählt wurde. Das kann der Präsident von Senegal, Ghana oder Niger sein.“ Boisbouviers Einschätzung nach werde Hollande zu 90 Prozent Mitterand nacheifern, große Veränderungen sehe er deshalb nicht. Markus Schönherr


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