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19.05.12 / Strahlende Industrie-Ruinen / US-Kernkraftwerke im »Dornröschenschlaf« – Geld für Rückbau fehlt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-12 vom 19. Mai 2012

Strahlende Industrie-Ruinen
US-Kernkraftwerke im »Dornröschenschlaf« – Geld für Rückbau fehlt

Bis 2025 die Öleinfuhren um ein Drittel senken, so lautet ein Ziel der Energiepolitik, die US-Präsident Barack Obama im Jahr 2011 verkündet hat. Neben einer massiven Ausweitung der heimischen Öl- und Gasförderung nimmt der Bau neuer Kernkraftwerke einen wichtigen Platz zur Verringerung von Ölimporten ein. Obwohl Washington 54,5 Milliarden Dollar für Kreditgarantien zum Bau neuer Reaktoren bereitstellt, scheint bisher lediglich die Erweiterung der Anlage „Plant Vogtle“ im Osten des US-Bundesstaates Georgia als sicher.

Für zusätzliche Skepsis könnte eine Entwicklung sorgen, auf die das Government Accountability Office (GAO) – eine Art Gegenstück zum deutschen Bundesrechnungshof – nun aufmerksam gemacht hat. Nicht nur für den Bau neuer Kernkraftwerke scheint kaum privates Kapital aufzutreiben zu sein, die Gefahr wächst, dass die Steuerzahler eines Tages auch für stillgelegte Kraftwerke zur Kasse gebeten werden. Zwar hatte das GAO vor allem Versäumnisse der staatlichen Aufsichtsbehörde Nuclear Regulatory Commission (NRC) im Blick, nebenbei wurde aber deutlich, dass einigen AKW-Betreibern das Geld zum Rückbau stillgelegter Anlagen fehlt. Aktuell scheint dies für 20 der 104 US-Reaktoren zu gelten, darunter mehrere, für die schon bald die Betriebserlaubnis erlischt.

Wie das in der Praxis aussieht, hat unlängst die „New York Times“ am Beispiel der Anlage „Indian Point“ dargestellt, die sich nur 35 Meilen vom New Yorker Stadtzentrum befindet. Für den Rückbau sind Kosten von 1,5 Milliarden Dollar kalkuliert, dem Betreiber Entergy fehlt allerdings allein für diese Anlage eine halbe Milliarde Dollar an Rücklagen. Als Ursachen führen die Betreiberfirmen vor allem die Finanzkrise seit 2008 an. Wenn allerdings tatsächlich zutreffen sollte, dass sich von 2006 bis 2010 die Werte der Rück-lagenfonds teilweise halbiert haben, dann ist das eher ein Zeichen dafür, dass man mehr Spekulationsgeschäfte als ernsthafte Vorsorge betrieben hat.

Genauso wenig überzeugend ist allerdings auch der inzwischen präsentierte Lösungsvorschlag. Die Anlagen sollen zunächst einmal 20 bis 60 Jahre als Industrie-Ruinen stehen bleiben, bis Geld für den Rückbau vorhanden ist. Dass die Betreiber mit derartigen Plänen durchkommen, ist nicht einmal ganz auszuschließen. Drei Reaktoren in der Anlage „Indian Point 1“ wurden bereits 1974 stillgelegt – bis heute sind sie nicht zurückgebaut, sondern sie rosten seit nunmehr 38 Jahren vor sich hin.

In den Schatten gestellt wird dies wahrscheinlich nur noch durch ein nie enden wollendes Neubau-Projekt. Weltweit gibt es zehn AKW-Anlagen, die seit mindestens 20 Jahren als „im Bau befindlich“ aufgelistet werden. Angeführt wird die Liste der Invest-Ruinen durch die Anlage „Watts Bar 2“ im Bundesstaat Tennessee. Der Startschuss für das Projekt erfolgte im Jahr 1972. Während es eine Zeit lang so schien, dass die Anlage im Jahr 2013 – 41 Jahre nach Baubeginn – fertiggestellt wird, bremst der staatliche Energiekonzern Tennessee Valley Authority nun die Erwartungen wieder. H.M.


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