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19.05.12 / Haff war die Rettung / Erinnerungen an Flucht 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-12 vom 19. Mai 2012

Haff war die Rettung
Erinnerungen an Flucht 1945

Gisela Nebel erfüllte ihrer Schwiegermutter nach deren Tod einen sehnlichen Wunsch. Schon 1945, direkt nach der Flucht, hatte Ursula Nebel, geborene Kudling, ein Buch über all ihre Erlebnisse schreiben und herausbringen wollen. Zwar arbeitete sie immer wieder an ihrem Buch, es gelang ihr jedoch nicht, dieses vor ihrem Tod im Jahr 2010 zu vollenden. Dies übernahm ihre Schwiegertochter Gisela und schuf aus Schreiben, Berichten, Briefen und Erzählungen ihrer Schwiegermutter das Buch „Als Erste übers Haff. Kindheit, Jugend und Flucht aus Königsberg“.

Viele kleine Geschichten aus der Kindheit und Jugend von Ursula Nebel stellen anschaulich dar, wie das Leben der am 17. Januar 1926 in Königsberg-Juditten Geborenen damals ausgesehen hat. Einige Abbildungen runden die liebevollen Beschreibungen des Umfeldes ab. So zum Bespiel das Foto ihres Geburtshauses, welches sie im Jahr 2001 auf einer Reise in ihre Heimat wiederfand und fotografierte.

Auf eine nicht immer idyllische, aber dennoch schöne Kindheit folgte im Jahr 1945 die Flucht aus der Heimat. Mit einem Bekannten, aber ohne Geld und Gepäck wagten Gisela die Flucht über das Eis des gefrorenen Haffs.

„Wir standen mit unseren Fahrrädern unschlüssig am Frischen Haff mit den vielen, vielen Flüchtlingen. Wir wollten es wagen – acht Kilometer soll hier das Haff breit sein, die schmalste Stelle – die Leute rieten uns ab. Wir in unserem jugendlichen Leichtsinn, oder war es Unbekümmertheit, hatten den Mut und schoben los mit den Fahrrädern über das Eis durch die hohen Schneewehen … Keiner folgte uns. Unendlich erschien uns der Weg in der eisigen Kälte. Das andere Ufer, die Frische Nehrung, war uns schrecklich weit entfernt … Endlich kam etwas Schilf durch das Eis, das allmählich größer wurde. Das Ufer kam näher! … Die ,schwarze Traube‘ von Menschen wurde größer, hatten die Menschen auch den Mut gefasst, übers Eis zu gehen. Sie sind bestimmt noch alle sicher über das Haff gekommen, denn das Eis war sehr dick und die Russen schossen an diesem Tag nicht, es war der 27. Januar 1945.“

Nach der Flucht war Ursula Nebel die einzige aus ihrer Familie, die in der DDR landete, alle anderen Angehörigen lebten in Westdeutschland. In der DDR war es Ursula Nebel nicht vergönnt, laut von ihrer Heimat zu sprechen, erst als sie 1988 als Rentnerin nach Westdeutschland einreisen durfte, konnte sie sich mit den Freunden und Verwandten über Königsberg austauschen.

Und auch wenn Ursula Nebel es selbst nicht mehr erleben durfte, dass ihre Schwiegertochter ihr den Wunsch des eigenen Buches erfüllte, so kann der Leser durch das Buch an ihren Erinnerungen teilhaben, und die Geschichte der Frau, die am frühen Morgen des 27. Januar 1945 als Erste mit ihrem Flüchtlingsgefährten Horst über das zugefrorene frische Haff lief, wird nie ganz in Vergessenheit geraten. Vanessa Ney

Gisela Nebel, Ursula Nebel: „Als Erste übers Haff. Kindheit, Jugend und Flucht aus Königsberg“, zu bestellen unter nebel@t-hoch-2.de, brosch., 218 Seiten, 14,95 Euro


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