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26.05.12 / Sarrazin entzaubert Mythos / Heftige Reaktionen zeigen, dass Ex-Bundesbanker Kern des Euro offenbart hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-12 vom 26. Mai 2012

Sarrazin entzaubert Mythos
Heftige Reaktionen zeigen, dass Ex-Bundesbanker Kern des Euro offenbart hat

Obwohl Thilo Sarrazin inhaltlich das Gleiche sagt wie zahlreiche prominente Politiker vor ihm, kommt er zu anderen Schlüssen, die seine Gegner bekämpfen.

„Sie sind ... getrieben von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben.“ Diese Behauptung von Thilo Sarrazin, dass ein historisch bedingter Schuldkomplex vor allem SPD, Grüne und Linke bei ihrer Euro-Politik treibe, wird selbst von der angesehenen „Wirtschaftswoche“ verurteilt. Das Wirtschaftsmagazin verwirft diese These Sarrazins als „Exzess“, der „indiskutabel“ sei.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring nennt die Verknüpfung von Geschichte und Gegenwart sogar „unzulässig“, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schwankt, ob der Autor aus Überzeugung oder aus „verachtenswertem Kalkül“ seinen „himmel- schreienden Blödsinn“ geschrieben habe, Grünen-Fraktionschefin Renate Künast schimpft über „nationalistischen Unsinn“.

Die Empörungswelle überrascht vor dem Hintergrund älterer Aussagen promi- nenter Politiker, die seinerzeit unwidersprochen blieben. So sagte der frühere stellvertretende Präsident der EU-Kommission, der SPD-Politiker Günter Verheugen, im Dezember 2010 bei der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner: „Der politische Hintergrund wird in Deutschland völlig übersehen. Wir sollten bitte nicht vergessen: Dieses Projekt Europäische Einheit ist wegen Deutschland notwendig geworden. Es geht immer dabei [darum], Deutschland einzubinden, damit es nicht zur Gefahr für andere wird.“ Der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) erhob Auschwitz gar zum „Gründungsmythos“ der Bundesrepublik, also zum Angelpunkt der deutschen Politik, an dem alles andere auszurichten sei. Damit stellten beide die gleiche historische Verknüpfung her wie Sarrazin. Damals gab es keine Empörung. Warum heute?

Erstens, weil Sarrazin einen entgegengesetzten Schluss zieht: Er fordert die Deutschen nicht auf, „wegen Auschwitz“ jede Zumutung hinzunehmen, er warnt sie davor. Zweitens, weil zu Zeiten von Verheugen und Fischer die praktischen, rechtlichen wie finanziellen Konsequenzen der „Instrumentalisierung der Geschichte zu aktuellen Zwecken“ (Martin Walser 1998) für die Deutschen nur wenig spürbar waren. Das dürfte sich dramatisch ändern. Insofern fürchten Politiker die Reaktionen der Deutschen, die um die von Sarrazin aufgezeigten Zusammenhänge wissen.

Akribisch entzaubert der Ex-Bundesbanker in „Europa braucht den Euro nicht“ einen Propaganda-Mythos nach dem anderen – auch die angeblich friedensstiftende Kraft einer gemeinsamen Währung. Die Balkankriege seien alle auf dem Gebiet des gemeinsamen jugoslawischen Dinar ausgebrochen, erinnert Sarrazin. „Himmelschreiender Blöd- sinn“? Eher eine Warnung angesichts wachsender Spannungen innerhalb der Euro-Zone. H. Heckel


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