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26.05.12 / Absturz und Abstieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-12 vom 26. Mai 2012

Absturz und Abstieg
von Vera Lengsfeld

Berlin ist, wenn man nicht mal einen Flughafen braucht, um rauszufliegen“, lautet der häufigste Spott der Berliner in diesen Tagen. Die Stadt hatte einen Doppelschlag innerhalb einer Woche zu verkraften. Erst wurde der Eröffnungstermin des Berlin-Brandenburg-Flughafens auf unbestimmte Zeit verschoben, dann verlor Hertha BSC im eigenen Stadion vor 70000 Fans das Relegationsspiel gegen Fortuna Düsseldorf.

Das Doppel-Debakel weitete sich zu einer formidablen Pechsträhne aus. Auch das Rück­spiel ging für Hertha schief. Die Niederlage war schon besiegelt, da stürmten Düsseldorfer Fans die Spielfläche, weil sie glaubten, das Match sei schon beendet. Für Hertha ein Grund, mit einer Klage auf Wiederholung des Spiels dem verdienten Abstieg doch noch zu entgehen. Peinlicherweise kam vor dem Sportgericht heraus, dass Hertha-Spieler sich ebenfalls daneben benommen und den Schiedsrichter tätlich angegriffen hatten.

Eine ähnliche Chuzpe legte der Regierende Bürgermeister von Berlin an den Tag, als er die Blamage der verschobenen Flugplatz-Eröffnung zu vertuschen suchte mit dem Hinweis, die Sicherheit der Passagiere habe oberste Priorität. Damit lenkte er von der Tatsache ab, dass er den Flugplatz zur Chefsache erklärt hatte und in seinem Büro eine Arbeitsgruppe unterhielt, die sich nur mit dem Flughafenbau beschäftigte. Was haben diese Leute getrieben? Warum haben sie Wowereit nicht rechtzeitig auf die drohende Blamage hingewiesen? Wieso konnte die Bauleitung den Regierenden erfolgreich hinters Licht führen?

Tatsächlich ist die Geschichte der Planung und des Baus des Flughafens Berlin-Brandenburg eine Illustration für die Unfähigkeit der Politik, die in unserer Hauptstadt längst zur Norm geworden ist. Es dauerte fast fünf Jahre, bis der Senat nach dem Bundestags­beschluss, den Regierungssitz nach Berlin zu verlegen, sich dazu durchringen konnte, einen Flughafen zu bauen, der dem neuen Status von Berlin entsprechen würde. Es dauerte weitere acht Jahre, ehe der Planfeststellungsbeschluss verabschiedet wurde. Zwei Jahre vergingen, bis das Bundesverwaltungsgericht den Bau mit Auflagen genehmigte. Vier

Jahre später wurde der erste Eröffnungstermin verschoben. Es folgte die zweite Verschiebung.

Nach vielem Hin und Her wurde nun der 17. März 2013 als neuer Termin genannt. Kaum war er verkündet, zweifelten die ersten Insider, ob er zu halten sei. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum hat das von Deutschland nach wie vor mit Entwicklungshilfe bedachte China mehr als ein Dutzend Flughäfen gebaut und in Betrieb genommen. Berlin ist arm dran, aber ist das sexy?


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