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02.06.12 / Euro-Bonds gibt es schon / Während Politiker über Einführung streiten, sind sie längst Realität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-12 vom 02. Juni 2012

Euro-Bonds gibt es schon
Während Politiker über Einführung streiten, sind sie längst Realität

Während auf dem Gipfel der EU-Staatschefs am 23. Mai scheinbar noch ohne Ergebnis über die Einführung von Euro-Bonds gestritten wurde, erfolgten hinter den Kulissen erste Schritte, die de facto zum gleichen Ergebnis führen werden, nämlich zur Vergemeinschaftung von Schulden unter den EU-Ländern. Dies wird geschehen entweder gleich über eine gemeinsame Kreditaufnahme oder über eine nationale Schuldenaufnahme bei gemeinschaftlicher Haftung. So hatten sich bereits zwei Tage vor dem EU-Gipfel Diplomaten auf einen Testlauf für sogenannte „Euro-Projekt-Bonds“ geeinigt. Zunächst 230 Millionen Euro sollen für länderübergreifende Infrastrukturprojekte aufgebracht werden. Von deutscher Seite durchgesetzt wurde lediglich, dass 2015 eine Prüfung der Wirksamkeit dieses Instruments stattfindet.

Für die vorgebrachte Vermutung, dass es sich bei diesen Projekt-Anleihen um eine Vorstufe zu den Euro-Bonds handelt, gibt es überzeugende Gründe. Für die Finanzierung von Infrastruktur-Vorhaben steht nämlich bereits die Europäische Investitionsbank bereit (EIB). Da an der Arbeit der Bank bisher kaum Kritik laut geworden ist, stellt sich die Frage, warum die Projekt-Bonds eingeführt werden sollen. Sollten mehr Mittel für Infrastrukturprojekte erforderlich sein, steht der Weg einer Kapitalerhöhung bei der EIB offen.

Dass dieser Weg nicht begangen werden soll, scheint gute Gründe zu haben. Zum einen ist die EIB dafür bekannt, dass sie Kreditanträge tatsächlich auf ihre wirtschaftliche Tragfähigeit hin abklopft. Schon damit sticht sie gegenüber der Regional- und Strukturförderung der EU-Kommission hervor. Zum anderen wird mit den Euro-Projekt-Bonds der Grundstein für eine gemeinschaftliche Schuldenhaftung unter den EU-Ländern gelegt. In die gleiche Richtung zielt eine fragwürdig zustandegekommene Initiative innerhalb des EU-Parlaments. Ebenfalls „durch die Hintertür“ hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments in einem Gesetzentwurf zur EU-Aufsicht über die nationale Haushaltspolitik eine Variante der Euro-Bonds eingeschmuggelt. Während sich der Gesetzestext noch an den EU-Fiskalpakt hält, ist in einem beigefügten Anhang plötzlich die Rede von der Gründung eines EU-Altschuldentilgungsfonds.

Der auch von SPD-Politikern unterstützte Vorschlag des „Altschuldentilgungsfonds“ sieht vor, dass jedes Euro-Land den Anteil von Staatsschulden, der 60 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts übersteigt, in den Tilgungsfonds einbringt und nach einem festgelegten Plan abbaut. Was zunächst einmal nach Schuldenabbau klingt, dürfte in der Realität das Gegenteil bewirken und zwar zu Lasten der wenigen noch leistungsfähigen EU-Länder. Zwar sieht das Konzept eine Tilgung durch das jeweilige Land vor, falls diese aber nicht zustandekommt – etwa durch wirtschaftliche Schwierigkeiten oder einen Staatsbankrott –, würden alle EU-Länder gemeinschaftlich haften. In der bisherigen Konstruktion könnten letztendlich diejenigen Länder profitieren, die gezielt einen Staatsbankrott in Kauf nehmen, statt die eigenen Schulden zu tilgen.                 H.M.


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