19.04.2024

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02.06.12 / Realität schlägt Film

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-12 vom 02. Juni 2012

Realität schlägt Film
von Rebecca Bellano

An einem Dienstagabend nach PAZ-Redaktionsschluss bedarf es der Entspannung. Die Fernsehzeitung pries die Verfilmung des Romans „Alles, was wir geben mussten“ von Kazuo Ishiguro mit der britischen Schauspielerin Keira Knightley auf Sky an. Doch irgendwie wollte sich die Entspannung nicht einstellen.

Was war denn das für ein Quatsch? Es ging um junge Leute in einem englischen Internat, die erfahren, dass sie Klone sind, deren einziger Lebensinhalt das Spenden von Organen ist. Nicht, dass der Stoff schon ziemlich bizarr war, noch irritierender war der Umstand, dass keiner der Schüler rebellierte. Alle nahmen sie ihr Schicksal als gegeben hin. Sie fanden es zwar nicht schön, wünschten sich einen Ausweg aus ihrer Situation, doch als sie Organe spenden sollten, begaben sie sich fügsam ins Krankenhaus, um dort die Entnahme geschehen zu lassen.

Entnervt wurde der Fernseher mitten im Film ausgeschaltet und stattdessen zum Buch gegriffen: „Europa braucht den Euro nicht“ von Thilo Sarrazin. Doch schon nach den ersten Sätzen der Einleitung kam ein Déjà-vu auf. Hier ging es um ein ganzes Volk, das fügsam und ohne Anflug einer Rebellion zuließ, dass man ihm etwas Existenzielles, nämlich seine Währung, nahm, und sie gegen etwas eintauschte, dessen Wert und Funktionalität völlig ungewiss war. Und plötzlich erschien der Film „Alles, was wir geben mussten“ viel realistischer als noch wenige Minuten zuvor.


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