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02.06.12 / Gefährlicher Friedensaufruf / Roman über religiöse Schrift aus dem Jahr 431, die Autoritäten hinterfragt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-12 vom 02. Juni 2012

Gefährlicher Friedensaufruf
Roman über religiöse Schrift aus dem Jahr 431, die Autoritäten hinterfragt

In die Welt der Spätantike und die Frühzeit der Kirche führt der tiefgründige Roman „Azazel“ des ägyptischen Autors Youssef Ziedan ein, der dafür 2009 mit dem internationalen Preis für arabische Literatur ausgezeichnet wurde. Geschrieben wurde der Roman von einem

erstrangigen Kenner der Geschichte des Vorderen Orients: Ziedan ist Professor für Islamische Philosophie mit Schwerpunkt Sufismus und zugleich Direktor der Handschriftenabteilung der neuen Bibliothek von Alexandria. Mit einem Kunstgriff wird eingangs das Blickfeld für die Dimension hinter dem eigentlichen Inhalt eröffnet. Im Vorwort bekundet ein fiktiver Übersetzer, von 1997 bis 2004 ein antikes Manuskript, bestehend aus 30 Pergamentrollen, aus dem Alt-Syrischen (Aramäischen) ins Arabische übertragen zu haben. Die gut erhaltene Handschrift aus dem Jahr 431 sei in den berühmten Ruinen nahe der syrischen Stadt Aleppo in Holzkisten gefunden worden. Es handele sich um die Lebensbeichte eines koptischen Mönchs namens Hypa. Dieser habe nach Vollendung der Niederschrift auf der Rückseite des letzten Pergaments notiert: „Ich werde diesen Schatz wieder vergraben, denn seine Zeit ist noch nicht gekommen!“ Und auch der namenlose Übersetzer verfügt, dass der Text erst nach seinem Tod veröffentlicht werden dürfe. Warum, fragt man sich, und man soll es auch. Die Antwort ergibt sich bei der Lektüre, die heute offenbar immer noch brisant ist wie im Jahr 431 zur Zeit des Konzils von Ephesos, nur auf andere Weise. Das Buch enthält eine Botschaft: Es ist als Plädoyer für religiöse Toleranz zu verstehen, was angesichts der Situation im Nahen Osten als Eintreten für ein friedliches Miteinander von Moslems und Christen zu werten ist. Auch werden gesellschaftliche Belange wie die Gleichbehandlung von Mann und Frau in ein positives Licht gestellt.

Neben der Geschichte des von Zweifeln geplagten Mönchs stehen die Glaubenszwistigkeiten innerhalb der Alten Kirche im Mittelpunkt. Die Alexandrinische und die Antiochianische Schule lehrten kontrovers über die Hypostase, die Dreifaltigkeit Gottes, und stritten daher auch um die Bezeichnung für die Jungfrau Maria. Der Verlag weist im Klappentext darauf hin, dass die Koptische Orthodoxe Kirche vergeblich ein Verbot des Buches forderte und muslimische Scheichs sich gegen den Autor in Stellung brachten. Die Erklärung für diese Abwehrhaltung liefert die „Neue Zürcher Zeitung“ in ihrer Rezension zu dem Buch: „Der Roman handelt vom Hinterfragen von Autoritäten, religiösen ebenso wie weltlichen.“                   Dagmar Jestrzemski

Youssef Ziedan: „Azazel“, Luchterhand, München 2011, geb., 446 Seiten, 22,99 Euro


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