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02.06.12 / Umstrittenes Geschäft, an dessen Ende der Tod steht / Der Handel mit Waffen muss zum Teil sein, doch geraten sie zu oft in die falschen Hände

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-12 vom 02. Juni 2012

Umstrittenes Geschäft, an dessen Ende der Tod steht
Der Handel mit Waffen muss zum Teil sein, doch geraten sie zu oft in die falschen Hände

Das weitgehend gut dokumentierte 847 Seiten umfassende Buch „Waffenhandel. Das globale Geschäft mit dem Tode“ von dem Südafrikaner Andrew Feldstein ist eine bedrückende Lektüre über die auf den Grau- und Schwarzmärkten der Schattenwelt des Waffenhandels handelnden Akteure auf allen Teilen des Globus und die bitteren Konsequenzen ihrer dunklen Geschäfte.

Feldstein ist realistisch genug, die Notwendigkeit des legalen Waffenhandels anzuerkennen. Die Forderung der UN – „responsibilty to protect“ (Die Verantwortung – Menschen – zu schützen) schließt den legalen Waffenbesitz und legalen Waffeneinsatz zum Schutz der Menschen auch gegen die eigene Regierung ein, wenn diese nicht willens oder nicht fähig ist, die eigene Bevölkerung zu schützen. Diese Pflicht war die entscheidende Legitimation für den Einsatz der Nato gegen Muammar Gaddafi.

Die Reduzierungen der meisten europäischen Verteidigungshaushalte und der Streitkräfte haben die nationalen Rüstungsindustrien unter starken Druck gesetzt. Von den Exporten in die Nato-Staaten können nationale Rüstungsindustrien nicht überleben. An deren Überleben sind die jeweiligen Regierungen jedoch aus Gründen der nationalen Sicherheit interessiert.

Durch die Reduzierungen sind die Rüstungsfirmen auf den Waffenexport angewiesen. Nach Ende des Kalten Krieges ist die Unterscheidung der potenziellen Empfängerstaaten in „gute“ und „böse“ noch schwieriger geworden, zumal sich die Bewertung über der Zeitachse durchaus ändern kann. Die Gefahr einer „Grauzone“ ist größer geworden.

Feldstein konzentriert sich im Wesentlichen auf den illegalen Waffenhandel, bei dem die Korruption eine große Rolle spielt, denn dieser illegale Waffenhandel bringt das große Geld: Dem Verkäufer und dem Käufer sowie den vermittelnden „Händlern des Todes“. Durch die Zunahme der sogenannten „failed states“ – Staaten, in denen der Staat die öffentliche Ordnung nicht aufrechterhalten kann – und durch die Zunahme von innerstaatlichen Konflikten und von nicht-staatlichen Akteuren in Krisen, Konflikten und Kriegen hat sich der illegale Waffenhandel ausgeweitet.

Waffen sind nicht a priori zu verdammen, weil sie auch in gerechten Kriegen eingesetzt werden, um Menschenleben zu schützen. Problematisch sind die Waffen, die die militärische Eskalation bestehender politischer und wirtschaftlicher Konflikte erst ermöglichen oder sie anheizen. Dies gilt im besonderen Maße für die grausamen Kriege in Afrika, wo Tyrannen und Diktatoren Teile der eigenen Bevölkerung – siehe Ruanda – und der „Feinde“ abschlachten. Bekannt ist der Fall Liberia, wo der Tyrann Charles Taylor seine „Kindersoldaten“ gegen die Bevölkerung im Nachbarland Sierra Leone einsetzte. Sein Lohn: unermesslicher Reichtum durch die sogenannten „Blutdiamanten“, die er von Sierra Leone als Gegenleistung bekam. Es ist immerhin ein Trost, dass Charles Taylor nach vielen Jahren 2012 vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen der Beihilfe zu Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Das gilt auch für den Russen Victor But, den prominentesten „Händler des Todes“, der 2012 von einem New Yorker Gericht wegen Waffenhandels und Verschwörung zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.

Die beiden bilden jedoch nur die Spitze des Eisberges. Immerhin müssen seit deren Verurteilung Massenmörder und die „Händler des Todes“ mit dem Risiko leben, eines Tages zur Rechenschaft gezogen zu werden. Leider wird das hunderte großer und kleiner Fische nicht davon abhalten, sich eine „goldene Nase“ verdienen zu wollen.

Feinstein ist realistisch genug, die Erfolgsaussichten des Kampfes gegen den illegalen Waffenhandel nicht zu überschätzen. Er sieht ein Licht am Horizont durch ein Vorhaben der UN, ein globales Waffenhandelsabkommen noch 2012 zu verabschieden. Allerdings stehen die UN nicht für besondere Durchschlagskraft und Nachhaltigkeit.

Der Autor drückt auch sein Verständnis aus, dass der legale Waffenhandel nicht vor den Augen der Öffentlichkeit abläuft. Er versteht, dass geheime Absprachen und Verhandlungen über Waffenverkäufe und Waffenkäufe mit den damit in aller Regel verbundenen Kompensationsgeschäften vertraulich bleiben müssen. Wie sensitiv auch in Deutschland Waffenexporte bewertet werden, zeigen die heftigen politischen Reaktionen auf den Verkauf von 200 Kampfpanzern nach Saudi-Arabien, die Lieferung von U-Booten nach Israel und das Auffinden deutscher Waffen in Libyen. Für die Staaten und Rüstungsfirmen ist es schwer zu kontrollieren, bei wem die Waffen letztendlich landen.

Das Fazit ist ernüchternd: Staatliche, halbstaatliche und private Rüstungskonzerne werden zahlungskräftige staatliche, halbstaatliche und private Käufer – besonders Diktatoren und Tyrannen – in aller Welt finden, die skrupellos von dem Geflecht Waffenhandel, Drogen- und Menschenhandel sowie „Organisierte Kriminalität“ Gebrauch machen – auch gegen die eigene Bevölkerung. Es bleibt der bescheidene Ansatz, in westlichen Demokratien einen „Ehrenkodex“ für Waffenexporte zu erarbeiten, der mehr Moral und Transparenz verlangt.        Dieter Farwick

Andrew Feinstein: „Waffenhandel. Das globale Geschäft mit dem Tod“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, gebunden, 847 Seiten, 29,99 Euro


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