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09.06.12 / Gaslaternen adé?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Gaslaternen adé?
von Vera Lengsfeld

Ob Berlin tatsächlich eine der schönsten, oder gar, wie der Berliner Rundfunk tagtäglich behauptet, die schönste Stadt der Welt ist, darf bezweifelt werden. Klar ist aber, dass die Technokraten in der Stadtverwaltung und ihre politischen Vorgesetzten dabei sind, die Schönheiten der Stadt erheblich zu dezimieren. Seit dem erfolgreichen Abriss des Palastes der Republik ist Berlins Mitte eine Steppe. Doch der Beginn des Schlosswiederaufbaus wird mit immer neuen Argumenten verzögert, in der Hoffnung, am Ende doch noch ein von der Mehrheit der Berliner angelehntes Glasfunktionsgebäude anstelle des Schlüterbaus zu errichten. Auch die Monumente aus der Kaiserzeit sollen wie zu DDR- Zeiten, aus dem Zentrum verschwinden, das erst 1986 aufgestellte Marx-Engels-Denkmal dagegen bleiben.

Nun haben die Stadtverwalter ein Kulturgut ins Visier genommen, das eigentlich auf die Liste des Weltkulturerbes gehört: Berlins Gaslaternen. Nach dem Vorbild der DDR, die in ihrer Hauptstadt die Gaslaternen rigoros durch Betonleuchten ersetzte, sollen die antiken Stücke, deren warmes Licht von vielen Poeten und Schriftstellern begeistert beschrieben wurde, zugunsten von Energiesparlaternen verschwinden. Dabei spielt es offenbar keine Rolle, welchen Schaden man dem Stadtbild zufügt.

Es gibt fünf Grundtypen der Berliner Gasbeleuchtung, deren ältestes Modell auf einen Entwurf von Schinkel zurückgeht. Am wirkungsvollsten kommt diese Leuchte am Chamissoplatz in Kreuzberg zur Geltung. Insgesamt 1200 Exemplare sind noch in der Stadt zu sehen. Auch die später entwickelten Aufsatz-, und Hängeleuchten sind sehenswert. Gegenwärtig stehen noch viele Tausende davon und machen einen erheblichen Teil des Berliner Flairs aus. Die Beamten vergangener Jahrzehnte haben den Wert der Laternen durchaus zu schätzen gewusst und ließen moderne Typen entwickeln, die sich harmonisch ins Stadtbild einfügen.

Nun der 30 Millionen teure Umbau, aus Gründen des „Klimaschutzes und der Energieeffizienz“. In Zuge der „Energie­wende“ gelten keine menschlichen Maßstäbe mehr.

Glücklicherweise sind die Berliner trotz des vielen Zuzugs immer noch die Berliner, auf deren Widerständigkeit man sich verlassen kann. Seit Mitte Mai trifft sich eine neue Bürgerinitiative „Schöne Mitte – schöne Stadt“ im Gemeindesaal der Hedwigsgemeinde, um sich gegen den Kahlschlag zu wehren. Sie fordert erst einmal ein Moratorium beim Gaslaternenabbau, bis eine befriedigende LED-Technik für die Umrüstung zur Verfügung steht. Alternativ wollen sie die Möglichkeit prüfen lassen, die Gaslaternen zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. Viel Erfolg!


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