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09.06.12 / Auf verlorenem Posten / »Freie Wähler« wollen mit Kritik an Euro-Rettung bundesweit an Bedeutung gewinnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Auf verlorenem Posten
»Freie Wähler« wollen mit Kritik an Euro-Rettung bundesweit an Bedeutung gewinnen

Sie haben sich ein wichtiges Thema auf die Fahnen geschrieben und gute Argumente auf ihrer Seite, doch derzeit sieht es so aus, als ob die Rechnung der „Freien Wähler“, mit Kritik an der Euro-Rettung aus der Mitte der Gesellschaft heraus Stimmen zu gewinnen, nicht aufgehen wird.

„Das friedliche Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union ist in Gefahr. Deshalb benötigen wir ,Freien Wähler‘ Ihre Unterstützung“, rief der Parteichef der „Freien Wähler“, Hubert Aiwanger, den Menschen auf dem Münchner Karls-platz zu. „Verhindern Sie die Wiederbelebung von Nationalismen, wie sie in Griechenland bereits zu beobachten sind, engagieren Sie sich gegen den Irrsinn einer europäischen Schuldenunion – kämpfen Sie mit uns für eine solide europäische Finanzpolitik – und gegen den ESM.“ Die flammenden Worte wurden zwei Tage später vom Neu-Mitglied der „Freien Wähler“, Hans-Olaf Henkel, im „Handelsblatt“ sekundiert. Dort rief er zur Formierung einer außerparlamentarischen Opposition gegen den Euro-Rettungsfonds ESM auf. Denn dieser annulliere faktisch das Budgetrecht des Deutschen Bundestages. Außerdem sei der ESM ohne demokratische Kontrolle und somit eine Art geheimes finanzielles Politbüro der EU. Zudem könnten die „Gouverneure des ESM ihr Gehalt selber festsetzen, was den ESM zum Selbstbedienungsladen mache, und genössen Immunität, so dass ein möglicher Missbrauch von deutschen Steuergeldern für sie noch nicht einmal ein juristisches Nachspiel haben könne.

Laut Umfragen sind etwa die Hälfte der Bundesbürger besorgt, wenn es um die Folgen des ESM für sie als Steuerzahler geht. Genau dies gibt den „Freien Wählern“ Rückenwind, sich des Themas groß anzunehmen. „Wir machen uns Sorgen um die Zukunft des Euro und Europas. Derzeit wird ja unter dem Deckmantel einer angeblichen ,Rettung des Euros‘ in Wahrheit das Geld der Steuerzahler für die Spekulanten organisiert. Und dies wird als ,Liebe zu Europa‘ verkauft“, fasste Aiwanger vor kurzem die Ängste vieler in Worte. Daher wolle seine Partei „Marktführer unter den Gegnern dieser verfehlten Euro-Politik“ werden, den Protest gegen den ESM aus der Mitte der Gesellschaft anführen und mit diesem Thema auch 2013 bei der Bundestagswahl bundesweit antreten.

Neben Henkel hat er auch den Adenauer-Enkel Stephan Werhahn als Neu-Mitglied werben können und der Bund der Steuerzahler bläst mit www.stopp-esm.org ins selbe Horn. Auch die Vereine „Mehr Demokratie“, „Zivile Koalition“ und „Bündnis Bürgerwille“ haben sich auf die Seite Aiwangers geschlagen, dessen Generalsekretär Michael Piazolo eine Online-Petition beim Bundestag gestartet hat, die noch bis zum 22. Juni unterzeichnet werden kann (http://url.dapd.de/SP8sXF).

Die „Freien Wähler“ wollen so den Sprung in die Bundespolitik schaffen und über die bayrischen Landesgrenzen hinweg auch in anderen Ländern eine Rolle spielen. In ihrem Stammland Bayern holten sie bei der vergangenen Landtagswahl rund zehn Prozent. Auch stellen sie jeden dritten Bürgermeister. All das gefällt der CSU gar nicht, die auch noch dieser Tage von Aiwanger vorgeführt wurde, als dieser im Landtag einen Stopp des ESM forderte. Obwohl die CSU weiß, dass viele ihrer Mitglieder und Wähler diese Position teilen, lehnte sie ab, schließlich trägt sie im Bund Merkels Euro-Rettung voll und ganz mit. Nur zehn Bundestagsabgeordnete aus der schwarz-gelben Regierungsmannschaft haben angekündigt, bei der Abstimmung Ende Juni gegen die Einführung des ESM zu stimmen. Die CSU lässt Euro-Kritiker Peter Gauweiler auch nur unter Schmerzen gewähren, wenn er in Karlsruhe gegen die Euro-Rettung klagt oder seine Bundestagskollegen dazu aufruft, dem ESM ihre Stimme zu verweigern.

Dass die ESM-Kritiker keine Spinner sind, belegt der Umstand, dass immer mehr Ökonomen ihnen beispringen. Nicht nur der Chef des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ist seit langem auf ihrer Seite, er hat auch in seiner „Bogenberger Erklärung“ zahlreiche Wissenschaftler und Manager um sich sammeln können, die gute Argumente dafür nennen, warum die Euro-Rettung, die in einer Transferunion mündet, gefährlich ist. Die aus Sicht der Bundeskanzlerin abtrünnigen Bundestagsabgeordneten um Frank Schäffler (FDP) und Klaus-Peter Willsch (CDU) wissen auch den Verband „Junger Unternehmer“ und „Die Familienunternehmer“ an ihrer Seite.

Doch durchschlagenden Erfolg können sie alle nur haben, wenn die Mehrheit der Bürger sich auch aktiv zeigt. Diese sind zwar laut Umfragen zu einem beachtlichen Teil gegen den ESM, doch diese Position schlägt sich nirgendwo nieder. Während Zehntausende gegen Atomkraft, im „Kampf gegen Rechts“ oder Stuttgart 21 auf die Straße gehen, kamen nur knapp 1000 Demonstranten zu Aiwangers Demo auf dem Karlsplatz. Offenbar wollen die Bürger von dem Thema Euro-Rettung vor allem nichts mehr hören, denn sieht man sich an, wie viele Unterzeichner die Online-Petition oder www.stopp-esm.org haben, findet man nur knapp 5000 beziehungsweise 15000 Namen. Bei einer solchen Bürger-Beteiligung dürfte der ESM nicht gestoppt werden und den „Freien Wählern“ der selbst in den eigenen Reihen umstrittene Sprung in den Bund nicht gelingen. Rebecca Bellano


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