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09.06.12 / Mehr Öko statt Wirtschaft / Sachverständigenrat für Umweltfragen legt Gutachten vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Mehr Öko statt Wirtschaft
Sachverständigenrat für Umweltfragen legt Gutachten vor

Gemeinhin darf sich ein Jubilar über ein Präsent freuen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) dagegen nutzte die Jubiläumsveranstaltung zur Feier seines 40-jährigen Bestehens, um Bundesumweltminister Peter Altmaier sein Umweltgutachten 2012 zu überreichen. Der SRU ist ein wissenschaftlich unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, das alle vier Jahre ein umfassendes Hauptgutachten erarbeitet, Sondergutachten zu Einzelfragen sowie Stellungnahmen und aktuelle Kommentare zur Umweltpolitik vorlegt. Sein jüngstes Umweltgutachten ist ein „Geschenk“, das es in sich hat.

Auch wenn der SRU in einer „weiteren Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch“ eine „Innovationsstrategie mit erheblichen Chancen für den Industriestandort Deutschland“ sieht, liest sich sein Papier eher wie ein Plädoyer für die Deindustralisierung einer der größten Wirtschaftsmächte der Erde. In ihrem Gutachten machen die Umweltweisen nämlich hauptsächlich Vorschläge, wie der Umwelt Vorrang gegenüber der Wirtschaft verschafft werden könnte. Im Zentrum des Berichts steht das Konzept der „ökologischen Grenzen“. Das Überschreiten dieser Grenzen könne, so der SRU, gravierende Rückwirkungen auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft haben. Daher solle die Einhaltung dieser Grenzen Priorität in der nationalen, europäischen und internationalen Umweltdiskussion erhalten. Das Ziel: eine „ökologische Transformation“ auf Kosten des Wirtschaftswachstums.

Die Liste der Empfehlungen der Sachverständigen ist lang. So soll eine „Primärbaustoffsteuer“ zu einer Reduzierung des Abbaus mineralischer Baustoffe führen und Anreize zur Wiederverwertung in der Bauindustrie schaffen. Auf Mobiltelefone und Computer soll zukünftig ein Pfand erhoben und das Land von einem Oberleitungssystem für elektrisch betriebene Lkw durchzogen werden. Um den „Nutzungskonflikten um den begrenzten öffentlichen Raum“ zu begegnen, wünschen sich die SRU-Gelehrten eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Infrastruktur und die Innenstädte generell als Tempo-30-Zonen. Auch wollen sie uns einen „umweltbewussten Konsumstil“ aufzwingen. Dazu soll der Anteil weggeworfener Lebensmittel bis 2025 „verbindlich halbiert“ und der Fleischkonsum durch die Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte und die Einführung einer Fettsteuer gesenkt werden. Auch die Wälder, Meere und Moore liegen den Sachverständigen am Herzen. Hier plädieren sie für eine Renaturierung sowie die Ausweitung der Schutz- und die Einrichtung von „Nullnutzungszonen“.

Bundesumweltminister Altmaier nennt diese Vorschläge „mitunter unbequem“, bekennt sich aber zu dem „gemeinsamen Ziel einer anspruchsvollen Umweltpolitik“. Er wolle dazu beitragen, Wachstum und Ökologie miteinander zu versöhnen. Nun bleibt abzuwarten, ob der auf diesem Gebiet bislang unbedarfte Ressortchef in der Umweltpolitik den Öko-Utopisten oder den realistischen Pragmatikern unter seinen Beratern folgt. Jan Heitmann


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