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09.06.12 / Der Preis für die Gnade seines Vaters / Am 12. Juni 1733 heiratete Friedrich der Große Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Der Preis für die Gnade seines Vaters
Am 12. Juni 1733 heiratete Friedrich der Große Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern

Es war ein hoher Preis, den Fried-rich der Große als Kronprinz bezahlte, um nach Fluchtversuch und Kerkerhaft Gnade bei seinem Vater zu finden. Er musste schwören, sich an alle Anweisungen des Königs zu halten und „blindlings den väterlichen Ordres“ zu folgen. So wagte er nicht aufzumucken, als Friedrich Wilhelm I. ihm seine Braut präsentierte: die 18-jährige Elisabeth Christine, Tochter des Herzogs von Braunschweig-Bevern.

Friedrich kannte sie nicht und wollte sie auch nicht kennenlernen. Sie war nach der Auffassung seines Vaters genau die Richtige, „wohl aufgezogen, modeste, und eingezogen (zurückgezogen lebend) so müssen die Frauen sein, und nicht hässlich, auch nicht schön“, befand Friedrich Wilhelm. Schwester Wilhelmine schrieb Friedrich, der in Küstrin seinen Dienst als Soldat absolvierte, dass die Braut einen glatten Teint, aber schwarze Stockzähne habe. Die Mutter des Kronprinzen, Sophie Dorothea, behauptete, Christine sei eine Landpomeranze, „dumm wie ein Bund Stroh“.

Die Königin hatte allen Grund, ihre künftige Schwiegertochter nicht zu mögen. Ihre Absicht, den Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin zu verheiraten, war fatal gescheitert. Hinter dem Rücken ihres Mannes hatte sie Verbindung nach London aufgenommen. Die Intrige wurde an den König verraten. Friedrich Wilhelm konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden, seine Gemahlin zu verprügeln. Seine Wahl war nicht nur auf Elisabeth Christine gefallen, weil sie „wohl aufgezogen und modeste“ war. Sie war die Nichte des Habsburger Kaisers Karl VI., und Friedrich Wilhelm wollte mit der Heirat eine Allianz zwischen Preußen und Österreich schmieden.

Friedrich spielte nur den gehorsamen Sohn. An seinen Vertrauten, General Friedrich Wilhelm von Grumbkow, schrieb er: „Was die Prinzessin von Bevern angeht, so kann man darauf rechnen, dass sie, wenn man mich zwingt, sie zu nehmen, verstoßen werden wird, sobald ich Herr sein werde … Der bloße Gedanke an meine Frau ist mir eine so verhasste Sache, dass ich nicht ohne Abneigung daran denken kann.“ In weiteren Briefen belegt er seine Braut mit Ausdrücken wie „häßliche Kreatur“, „Gezücht“ und „Corpus delicti“. Friedrich versichert Grumbkow, er werde sie „niemals nehmen … Ich bin für ein Vergehen, dessen Bedeutung man übertrieben hat, genug bestraft worden und will mich nicht dazu verpflichten, auch noch ein Unglück für künftige Zeiten auf mich zu nehmen.“

Am 10. März 1732 fand in Berlin die Verlobung statt, für Friedrich war es „der schwärzeste Tag in meinem Leben“. Beim Ringwechsel sollen ihm Tränen in den Augen gestanden haben, sein ahnungsloser Vater und die Gäste hielten sie für Tränen der Rührung. Einen Monat nach der Verlobung übernahm Friedrich das Kommando in Nauen und wurde vom Vater gerügt, weil er seiner Braut nicht oft genug schrieb. Bei Grumbkow schüttet der Bräutigam wider Willen sein Herz aus: „Ich soll durchaus verliebt werden, wenn es auch durch Prügel erreicht wird … Der wahre Grund ist, dass ich keinen Stoff habe und oft genug nicht weiß, womit ich eine Seite füllen soll.“

Am 12. Juni 1733 heiratet der Prinz Elisabeth Christine auf Salzdahlum bei Wolfenbüttel, dem Lustschloss des Großvaters der Braut. Im Brautbett hält er sich gerade eine Stunde auf. Danach sieht man ihn im Park umherwandeln. „Gott sei gelobt, dass alles vorüber ist“, schreibt Friedrich an Wilhelmine.

Wer war die Frau, die „Kreatur“, die er bald verstieß und mit der er nur noch bei offiziellen Anlässen auftrat? Elisabeth Christine wurde am 8. November 1715 als älteste Tochter des Herzogs Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Bevern geboren. Sie hatte zehn Geschwister. „Dumm wie ein Bund Stroh“ war sie sicherlich nicht, sie wurde von mehreren Lehrern und Theologen ausgebildet. Zeitgenossen schildern sie als schüchtern, gehemmt und den hohen Anforderungen als spätere Königin Preußens kaum gewachsen. Die ersten Ehejahre verbrachten Friedrich und Christine noch gemeinsam auf Schloss Rheinsberg. Die Liebe des Kronprinzen zu diesem wunderschönen Wohnsitz, den er nach seinen eigenen Plänen vom Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff hatte umbauen lassen, stimmte ihn wohl milde gegen seine Frau. Der König überhäufte das junge Paar mit Geschenken, unter anderem mit einem samtenen Bett, in der Hoffnung auf die frohe Botschaft einer Schwangerschaft Christines. Friedrich kam sich vor wie „die Hirschen in der Brunft“.

Der König hoffte vergebens. Als er am 31. Mai 1740 starb, machte Friedrich gleich nach der Krönung seine Ankündigung an Grumbkow wahr: Er verbannte seine Frau auf Schloss Schönhausen. Sanssouci, den Wohnsitz ihres Gemahls, soll sie nie oder erst nach seinem Tod – sie überlebte ihn um elf Jahre – betreten haben. Die fromme Frau ertrug die Ablehnung ihres Ehemanns mit Tapferkeit und Gleichmut. Sie lud Literaten, Musiker und Theologen nach Schönhausen und hielt dort in bescheidenem Umfang Hof. Im Winter, wenn es in Sanssoucis und Schönhausen sehr kalt war, traf Friedrich nolens volens im Berliner Schloss mit ihr zusammen. Er sprach kein Wort mit ihr. Im Alter verlor er jeden Anstand gegenüber Elisabeth Christine. Als er nach der Rück­kehr aus dem Siebenjährigen Krieg im Kreis vieler Gäste von ihr begrüßt wurde, sagte er nur: „Madame sind korpulenter geworden.“ Bei einem Besuch seiner Schwester Ulrike, der Frau des schwedischen Königs Adolf Friedrich, deutete er auf Elisabeth Christine und sagte: „Und hier sehen Sie meine alte Kuh, aber die kennen Sie ja schon.“

Elisabeth bewunderte und verehrte ihn dennoch. Immerhin bedachte er sie großzügig in seinem Testament. Die Ehe, die keine war, dauerte 53 Jahre. Elisabeth starb 1797 als 81-Jährige und wurde im Berliner Dom begraben, weit genug entfernt von ihrem Gemahl, den sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. in der Potsdamer Garnisonkirche hatte beisetzen lassen. Gisela Groth


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