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09.06.12 / Wider den Artikel 231 / Egmont Zechlin, ein geschichtspolitisch bedeutendsamer Gelehrter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Wider den Artikel 231
Egmont Zechlin, ein geschichtspolitisch bedeutendsamer Gelehrter

Mit den Alliierten kam 1945 auch das Dogma von deren Unschuld und der deutschen Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg nach Deutschland. Nationalgesinnten blieb der Trost, darauf verweisen zu dürfen, dass zu den Ursachen der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ auch Versailles gehört und dass dieses alliierte Diktat mit seinem Kriegsschuldartikel 231 („Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.“) Unrecht war, war doch mit dem Weltkriegspremier David Lloyd George selbst ein führender Kriegsgegner von einst inzwischen vom Artikel 231 abgerückt.

Da war es ein Schlag ins Kontor, als sich Fritz Fischer mit seinem 1961 erstmals erschienen Buch „Griff nach der Weltmacht“ die Versailler Behauptung von der deutschen Alleinschuld zu eigen machte, was vom starken antinationalen Flügel der in eben jenem Jahrzehnt revoltierenden 68er begierig aufgegriffen und verbreitet wurde. Die Folge war die sogenannte Fischerkontroverse darüber, wer schuld war am Ersten Weltkrieg.

Zu den führenden Gegenspielern gehörte dabei der vor 20 Jahren in Selent, Kreis Plön gestorbene Danziger Egmont Zechlin. So ist der Name des Divisionspfarrersohnes sowie Kriegsfreiwilligen und Kriegsversehrten des Ersten Weltkrieges fast so eng mit der Fischerkontroverse verbunden wie der von Fischer selbst.

Zechlin stand bei seinem Tode am 23. Juni 1992 nur vier Tage vor der Vollendung seines 96. Lebensjahres und war auch schon in der Weimarer Zeit auf geschichtspolitisch wichtigem Gebiet geschichtswissenschaftlich aktiv. So griff er in den Weimarer Flaggenstreit ein, konkret in den Historikerstreit über die Frage, ob sich die Tradition von Schwarz-Rot-Gold über die Lützower Jäger der Befreiungskriege hinaus in das Heilige Römische Reich zurückverfolgen lässt. Heute, wo Schwarz-Rot-Gold als Deutschlands Flagge ziemlich unumstritten dasteht, herrscht weitgehender Konsens, dass das nicht der Fall ist, aber damals, als sich Schwarz-Rot-Gold noch gegen Schwarz-Weiß-Rot behaupten musste, war das anders. Damals wie später in der Fischerkontroverse stand Zechlin auf der eher rechten Seite. So vertrat er die Ansicht, dass, wenn man denn überhaupt von Farben des Heiligen Römischen Reiches sprechen kann und will, als diese eher die Hansefarben Weiß und Rot zu betrachten seien denn das Schwarz-Rot-Gold der Weimarer Republik.

Wenn Zechlin sich auch geschichtspolitisch relevant geäußert hat und medieninteressiert war, ja sogar jahrelang als Journalist gearbeitet hat, so war er doch in erster Linie Geschichtswissenschaftler und -gelehrter. Im Rahmen seines nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg aufgenommenen Geschichtsstudiums spezialisierte er sich auf Otto von Bismarck. Nach einer Promotion über dessen Stellung zum Parlamentarismus bei der Gründung des Norddeutschen Bundes habilitierte er sich 1929 mit der Arbeit „Bismarck und die Grundlegung der deutschen Großmacht“. Nach einer Privatdozententätigkeit in Marburg wurde er dort 1934 außerordentlicher Professor. Zwei Jahre später wechselte er nach Hamburg. Zwischenzeitlich durch eine Reise nach Amerika und Ostasien auf Kolonial- und Überseegeschichte spezialisiert, erhielt er 1940 schließlich einen Lehrstuhl an der Berliner Universität. Nach dem Krieg folgte er 1948 einem Ruf nach Hamburg, wo im selben Jahr ein Extraordinarius seinen Dienst antrat – Fritz Fischer. Manuel Ruoff


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